piwik no script img

Telekom hat gelogen!

■ Kölner Gericht untersagt Werbung für Tarifreform / Südhessen im Glück

Frankfurt/Bonn (AFP/AP/dpa) Nach drei Minutern piept es im Hörer der Dortmunder Stadtbeamten. Das Signal sei eine „Gedächtnisstütze“, das die Beamten zur Kürze mahnt, sagt die Stadtverwaltung, die offenbar befürchtet, längere Amtsgespräche könnten mit den neuen Telefontarifen eine kommunale Haushaltskrise heraufbeschwören. Das Kölner Landgericht hat unterdessen der Telekom verboten, ihre Werbung für die Tarifreform weiterzuverbreiten. Die Behauptung, Telefonieren sei nach dem ersten Januar günstiger geworden, sei irreführend, heißt es in der Begründung.

Der Bund der Postbenutzer denkt auch an eine Klage gegen die Tarifreform selbst. Die Telekom streiche nämlich 30 Prozent ihres Umsatzes als Gewinn ein, nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts wie auch des Bundesgerichtshofes erfülle aber ein Gewinnanteil von über 11 Prozent den Tatbestand des sittenwidrigen Ausnutzens eines Monopols, argumentiert Verbandschef Wilhelm Hübner. Der Verband hat außerdem den Zeittakt der Gebührenzähler nachgemessen und herausgefunden, daß 90 Sekunden bei der Telekom schon nach 84 Sekunden vorbei sind. „Zulässige Toleranz“, finden die Telefontechniker.

Manchmal kann es aber auch länger dauern: In Südhessen galten noch 15 Stunden im neuen Jahr die alten Gebühren. Die Telekom will darauf verzichten, das Geld nachzufordern, sonst aber soll alles bleiben wie beschlossen. „Die Tarifreform ist richtig und notwendig“, sagte gestern Postminister Bötsch (CSU), der SPD-Postsprecher Arne Börnsender meint: „Wer heute die Rücknahme der Tarifreform fordert, gefährdet die Zukunft der Telekom.“

Die SPD möchte Billigtarife für Sozialfälle einführen, Bötsch räumte gestern ein, daß müßten die Zahlen der Telekom noch mal überprüft werden. Bei der Telekom werde aber „intensiv“ darüber nachgedacht, ein Rabattsystem für häufig angewählte Nummern einzuführen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen