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Perfektionist der Wildheit

■ Brüllen: Kristof Schreufs musikalisches Schweigen hat ein Ende

Lange, lange hat es gedauert, bis sich Kristof Schreuf aus seinem Bunker in St. Pauli neben der Friedenskirche ans öffentliche Gehör traute. Als Perfektionist der Wildheit und leidenschaftlicher Dozent über den richtigen Gebrauch der Sprache hat Schreuf seit dem Split der Kolossalen Jugend nur hinter dicken Mauern geschrien. Lediglich ein Sampler-Beitrag in verwirrender White-Soul-Düngung gab der Welt davon akustischen Bescheid, daß der ehemalige Sänger des fliegenden L'Age D'Or-Klassenzimmers noch außerhalb des Journalismus wirkt.

Jetzt ist eine Single seiner neuen Band Brüllen mit vier Stücken erschienen, die die hart erarbeitete Konituität in Schreufs musikalischem Werdegang überaus leicht erscheinen läßt. In der fortwährenden Verschlingung von Bild und Ansprache, Apodiktik und Wortspiel bewahrt er das Pop-Ich in einer verschobenen Landschaft als geschrienes, tonal ansteigendes Sein-Wollen. Gedichte zu einer Gitarre auf Odyssee reden von dem Aufgehobensein und dem Unwohlsein in einem Alltag: „Ich stürze mich dorthin, wo ein Platz ist, und wo ich die Worte nicht mögen muß.“

Gemeinsam mit Martin Buck und Bernd Kensicki hat Kristof Schreuf dazu einen Rock kreiert, der ungezähmter als Blumfeld und unkomplexer als Cpt. Kirk & in seiner intellektuellen Text/Musik-Balance typisch hamburgisch bleibt. Stimme und Gitarre wechseln oft Rolle und Bedeutung, wenn Schreuf ins Schreien Melodie pflanzt und das Instrument als Singsang behandelt.

Den schwierigen Spagat zwischen emotionaler Unmittelbarkeit und Vermeidung von Peinlichkeit, der gerade bei Musik so schwierig wird, die geistvoll Obsessionen vorträgt, schafft Schreuf mit der Sportlichkeit des Vielschreibers. Daß Berührung durch Melodie und Schmunzeln über Kunst im Rock geht, Brüllen brüllen es.

Till Briegleb

Buback Records

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