: De Mos stolpert über „Spiegel-Affäre“
■ Werder feuert Trainer, um Druck von der Mannschaft zu nehmen/ Nachfolge noch offen.
Aad de Mos Abgang aus Bremen: Mit versteinertem Gesicht bahnt sich der hochgewachsene Holländer um 14.15 Uhr den Weg durch den Pulk der wartenden Journalisten. Von Fotografen verfolgt, hastet er wortlos zu seinem silbernen Daimler und rast mit quietschenden Reifen davon. „Der hatte richtig Panik“, kommentiert ein hartgesottener Sportreporter.
Ungewohnt blaß und schweigsam wies Werder-Manager Willi Lemke die Medienvertreter in den Presseraum des Weser-Stadions, wo Werder-Präsident Franz Böhmert offiziell die Ergebnisse des zweistündigen Gesprächs mit seinem Chef-Trainer bekanntgab: Trennung mit sofortiger Wirkung.
Böhmert war der Platz am Mikrofon sichtlich unangenehm. Der Rauswurf von de Mos nach nur einem halben Jahr sei für ihn auch eine „persönliche Niederlage“. Auslöser für die Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt sei die bevorstehende juristische Auseinandersetzung mit dem Spiegel um de Mos' umstrittene, vereinsschädigende Äußerungen nach dem Uefa-Cup-Aus gegen den PSV Eindhoven.
Kontakt zu möglichen Nachfolgern gebe es noch nicht, versicherte Böhmert. Zum Rückrundenstart am 9. Februar in Düsseldorf muß aber ein neuer Mann auf der Werder-Bank sitzen. Co-Trainer Karl-Heinz Kamp soll zwar zunächst das Training der Profis leiten, den für die Bundesliga verlangten Trainerschein hat Kamp jedoch nicht. Gestern ließ der Interims-Coach seine Mannen im Bürgerpark joggen.
Die Werder-Führung hat laut Böhmert am Montag abend erfahren, daß der Spiegel bei seiner Darstellung bleibt und den Abdruck einer Gegendarstellung abgelehnt hat. Die vom Verein als Beleg für die Loyalität des Trainers geforderte Unterlassungsklage gegen das Magazin ist aber nicht vor April in der gerichtlichen Hauptverhandlung zu klären. „Das ist uns gestern klar geworden“, so Vize-Präsident Klaus-Dieter Fischer. Angesichts der schlechten sportlichen Situation (15. Tabellenplatz nach der Hinrunde) habe man die Mannschaft nicht monatelang diesem Druck aussetzen wollen, sagte Böhmert.
„Das wird nie etwas mit diesem Verein“, soll de Mos laut einem am 18. Dezember erschienenen Spiegel-Artikel in der Bar des Bremer Marriott-Hotels gesagt haben. Des Trainers Hamburger Anwalt Matthias Prinz hat nach Angaben aus der Spiegel-Rechtsabteilung daraufhin am 2. Januar gegen das Magazin Ansprüche auf Gegendarstellung, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz vorgetragen. Der Spiegel habe diese Ansprüche zurückgewiesen. Eine Gegendarstellung werde man allerdings wahrscheinlich aus presserechtlichen Gründen - unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt - „irgendwann drucken müssen“, hieß es.
Spekulationen, daß dem Werder- Präsidium die „Spiegel-Affäre“ angesichts der sportlichen Talfahrt des deutschen Vize-Meisters gerade recht gekommen sei, um den von vielen ungeliebten Coach loszuwerden, wies Schatzmeister Manfred Müller zurück. Dabei waren Differenzen zwischen de Mos und einzelnen Spielern schon länger bekannt. Auch Vereins-Vize Fischer hatte schon vor Wochen die Trainerfrage thematisiert.
Manager Lemke wird nun mit de Mos Berater die Höhe der Abfindung aushandeln. Sollte der Spiegel seine de-Mos-Zitate vor Gericht nicht beweisen können, werde Werder Schadenersatz verlangen, kündigte Böhmert an. Auch de Mos verlange dann nach Auskunft seines Anwalts ein Schmerzensgeld wegen der durch den Spiegel verursachten „immateriellen Schäden“.
Bei der Suche nach einem Nachfolger werde Werder möglicherweise von dem Prinzip abrücken, wie im Falle de Mos einen in Europa renommierten Trainer zu verpflichten, sagte Böhmert. Seinerzeit hatte man den Holländer dem heute in Diensten des VfB Stuttgart stehenden Schweizer Rolf Fringer vorgezogen. jof
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