: Trauriger Rekord im Dezember
■ In Berlin und Brandenburg fast 400.000 Arbeitslose. DGB und Arbeitssenatorin fordern „Bündnis für Arbeit“
Das Jahr 1995 endete mit einem Minusrekord: In Berlin und Brandenburg waren im Dezember fast 400.000 Menschen arbeitslos gemeldet. Nach Angaben des Landesarbeitsamtes Berlin-Brandenburg stieg damit die Zahl der gemeldeten Erwerbslosen um knapp 30.000 im Vergleich zum Vorjahr und erreichte mit genau 396.952 Menschen auf Jobsuche einen „für diesen Monat absoluten Höchstwert“. Insgesamt waren im Dezember knapp 20.000 Menschen mehr arbeitslos als noch im November. Die Arbeitslosenquote in der Region stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,8 Prozentpunkte auf 14,6 Prozent. Vor einem Jahr hatte sie bei 13,3 Prozent gelegen.
Schuld an der hohen Arbeitslosigkeit war nach Analyse des Landesarbeitsamtes nicht nur der kalte Winter, sondern auch das Auslaufen von Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung (ABM) und zur Weiterbildung zum Jahresende.
In Berlin wurden am Monatsende 223.000 Arbeitslose registriert, 6.600 mehr als noch vor einem Monat und 16.600 mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich von 13,8 auf 14,2 Prozent. Im Ostteil der Stadt waren am Monatsende rund 81.000 (Vormonat: 77.000) und im Westteil 142.000 (Vormonat: 139.000) Erwerbslose gemeldet. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich im Osten um 0,6 Prozentpunkte auf 13,3 Prozent. Im Westen stieg sie von 14,5 auf 14,7 Prozent.
In Brandenburg waren Ende Dezember 174.000 Männer und Frauen arbeitslos gemeldet, 13.000 mehr als im Vormonat und vor Jahresfrist. Die Arbeitslosenquote kletterte auf 15,1 Prozent.(Plus 1,2 Prozent).
Die meisten Arbeitslosen gab es in Berlin-Brandenburg weiterhin bei den Organisations-, Verwaltungs- und Büroberufen (57.100), gefolgt von Warenkaufleuten (35.200). Am deutlichsten stieg die Arbeitslosigkeit trotz des Baubooms in der Region bei den Bauberufen. Im Laufe des Jahres wuchs die Zahl arbeitslos gemeldeter Bauleute um 6.500 auf insgesamt 22.400. Die Nachfrage nach Arbeitskräften in der Region war mit 21.300 gemeldeten Stellen ähnlich hoch wie im Vorjahr. Deutlich mehr Menschen waren in Kurzarbeit beschäftigt; die Zahl von 20.100 lag erstmals über dem Stand des Vorjahres (plus 2.900). Rückläufig war die Beschäftigung in ABM. Ende Dezember waren dort noch 35.100 Menschen tätig, 19.400 weniger als vor einem Jahr.
Berlins Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) nannte die neuen Zahlen „schockierend“. Sie bestätigten die „düstere Prognose, daß die Zahl der Arbeitslosen 1996 bundesweit wahrscheinlich erstmals die Vier-Millionen-Grenze überschreiten wird“. Die Arbeitgeber der Region müßten nun mit den Gewerkschaften Gespräche über ein „Bündnis für Arbeit“ aufnehmen, um Beschäftigung zu sichern. Auch die DGB-Vorsitzende für Berlin-Brandenburg, Christiane Bretz, forderte ein solches Bündnis mit Überstundenabbau, mehr Teilzeitarbeit und mehr Ausbildungsplätzen. taz/dpa
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