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Rauchen gefährdet die Gesundheit Von Klaudia Brunst

„Carpe diem!“, rief meine Freundin und warf ihre Zigaretten in den Drei-Wege-Müll. „Jetzt habe ich schon ganze drei Tage lang nicht geraucht, das ist doch ein schöner Anfang.“ Dann drückte sie den Beutel ihres Bronchialtees zwischen den Fingern aus und schleppte sich schwer keuchend wieder ins Bett.

Meine Freundin hatte sich nämlich diese Russen-Influenza eingefangen und lag nun mit 39,5 Grad Fieber im Bett. „Wer in deiner Lage noch rauchen würde, wäre ja auch lebensmüde“, gab ich zurück und kramte vorsorglich ihre Zigaretten wieder aus dem Müll.

Aber ich hatte mich getäuscht. Selbst als meine Freundin deutlich auf dem Wege der Besserung war und das mir aus Sanitätsgründen auferlegte Rauchverbot bereits in Teilen lockerte („außer natürlich im Schlafzimmer, in der Küche und beim Fernsehen“), blieb sie äußerst konsequent. „Siehst du!“, triumphierte sie. „Ich habe überhaupt keinen Jieper mehr!“ Statt der Zigaretten stopfte sie sich jetzt eine Apfelsine nach der anderen in den Mund.

Schon bald zeigten sich erwartungsgemäß die ersten Entzugserscheinungen: Die Nase machte nicht mehr mit. Zunächst konnten wir uns darauf einigen, daß ich sofort nach jeder Zigarette zwischen Wohn- und Schlafzimmer querlüfte. Aber schon bald fand meine Freundin, daß dadurch die Federbetten in Mitleidenschaft gezogen würden, die nun „widerlich nach Aschenbecher“ muffeln würden.

Weil die Schlafzimmertür jetzt immer geschlossen bleiben mußte, funktionierte die Lüftung natürlich nicht mehr, weswegen ich nun doch in der Küche rauchen sollte – wegen der Dunstabzugshaube.

Zu diesem Zeitpunkt hielt ich das ganze noch für eine Phase. „Warte mal ab, bis die Bronchien wieder so richtig frei sind“, argwöhnte ich, „dann kommst du schon wieder auf den Geschmack.“ Aber da hatte meine Freundin schon damit begonnen, jeden Tag säuberlich abgezählt 4,85 Mark in ein Sparschwein zu stecken, das dadurch ähnlich schnell schwerer wurde wie sie selbst. „Das ist die Stoffwechselumstellung“, wußte unsere Nachbarin, die selbst ein paar Wochen lang versucht hatte, sich das Rauchen abzugewöhnen. „Mit vier bis fünf Kilo mußt du schon rechnen. Aber du kannst das gesparte Geld ja in eine Slim-Fast-Kur reininvestieren.“

Wie alle Konvertiten wurde auch meine Freundin von einem unangenehmen Missionseifer beseelt. Morgens markierte sie nun meine Zigarettenpackung mit einem kleinen Filzstiftsymbol, um abends kontrollieren zu können, ob ich die verbrauchte Packung auf der Arbeit nicht womöglich heimlich gegen eine frische ausgetauscht hätte. Meine dreckige Wäsche mußte ich jetzt getrennt von ihrer waschen. Wegen der Rauchkontamination. Und mein häuslicher Zigarettenkonsum beschränkte sich seitdem auf eine letzte Abendzigarette – die ich nun bei minus 14 Grad in Unterwäsche vor dem offenen Küchenfenster rauchen mußte. „Du wirst dir noch den Tod holen“, begrüßte mich gestern unsere Nachbarin, als ich hustend und vor Kälte schlotternd ins Wohnzimmer zurückkehrte. „Oder zumindest eine ausgewachsene Bronchitis.“

„Na endlich!“, prostete mir meine Freundin hocherfreut mit ihrem Slim-Fast-Drink zu. „Soll ich Dir eine Apfelsine abpellen?“

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