: UNO verurteilt Kroatien
■ Sicherheitsrat rügt schwere Menschenrechtsverstöße in der Krajina. Haager Kriegsverbrecher-Tribunal und Nato regeln Verfolgung von Kriegsverbrechern
New York/Brüssel (dpa/rtr/taz) Der UNO-Sicherheitsrat hat die Regierung Kroatiens am Montag wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen verurteilt. In scharfer Form rügte der Sicherheitsrat kroatische „Verstöße gegen das internationale Menschenrecht“ wie „das Töten von mehreren hundert Zivilisten, systematisches und weitverbreitetes Plündern, Brandschatzen und andere Formen von Zerstörung von Eigentum“.
Alle Kroaten, die sich dieser Verstöße schuldig gemacht hätten, sollten festgenommen und unverzüglich vor Gericht gestellt werden. „Mit tiefer Besorgnis“ kritisierte der Sicherheitsrat die Diskrepanz zwischen der Zahl der schuldigen und der bisher zur Verantwortung gezogenen Kroaten.
Der Sicherheitsrat forderte von der kroatischen Regierung, der Mißhandlung, Belästigung und Einschüchterung der Serben in der Krajina unverzüglich Einhalt zu gebieten.
Der Sicherheitsrat zeigte sich auch unzufrieden darüber, daß die Zagreber Regierung die vom Internationalen Tribunal in Den Haag angeklagten Kroaten noch nicht ausgeliefert hat. Die Ernennung eines dieser Angeklagten zu einem hohen Offizier der kroatischen Armee wurde als besonders unverständlich kritisiert.
Auch die Rechte der serbischen Flüchtlinge aus Kroatien würden von der Regierung in Zagreb mißachtet, heißt es in der Resolution. Der Sicherheitsrat verlangt, daß Zagreb die Rückkehr dieser Menschen erleichtert und jegliche Fristen für die Wiederbeanspruchung von Eigentum aufhebt. „Der Sicherheitsrat bestätigt die Notwendigkeit, daß alle Personen, die zur serbischen Minderheit gehören, gleichermaßen in die Sicherheits- und Rechtsbestimmungen der Republik Kroatien eingebunden werden.“
Das UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien und die Nato wollen am 19. Januar ein Kooperationsabkommen unterzeichnen. Nach Angaben des Gerichts in Den Haag soll das Abkommen die Überstellung von Kriegsverbrechern regeln, die der multinationalen Friedenstruppe für Bosnien (Ifor) in die Hände fallen. Chefankläger Richard Goldstone und Nato-Generalsekretär Javier Solana werden das Abkommen paraphieren. Dies sagte ein Sprecher des Tribunals in Den Haag. Über die Grundsätze sei bereits Einigkeit erzielt worden, so der Sprecher. Nato-Generalsekretär Solana wird am Donnerstag und Freitag ins ehemalige Jugoslawien reisen, um sich über die Umsetzung des Dayton-Abkommens zu informieren.
Trotz aller Appelle der Nato und der bosnischen Regierung befürchtet der Kommandant der Ifor-Bodentruppen in Bosnien, General Michael Walker, daß rund 30.000 bosnische Serben die Vororte Sarajevos verlassen werden. Walker sagte nach einer Fahrt durch den Vorort Vogosća, die Serben hätten bereits mit den Vorbereitungen für einen Auszug begonnen. „Was ich sehe, hat mich ziemlich entmutigt, weil wir in der Stadt eine Vielvölkergemeinschaft anstreben, wie es die Parteien vereinbart haben.“ Ab dem 3. Februar soll die Übergabe der serbisch kontrollierten Vororte an die bosnische Regierung erfolgen.
Vor einer drohenden Massenflucht aus Sarajevo hat auch der Koordinator für den Wiederaufbau Bosniens, der Schwede Carl Bildt, gewarnt. Auf einer Pressekonferenz in Brüssel sagte Bildt gestern, einige Serben seien bereits geflüchtet. Bildt beklagte zudem, daß ihm für seine Arbeit bisher nur rund 12 Millionen Ecu (25 Millionen Mark) aus Haushaltsresten der EU-Kommission und des Europäischen Parlaments zur Verfügung stünden. Noch kein einziger Staat hat bisher Gelder überwiesen. Mangels funktionierender Finanzbeziehungen mußte Bildt die ersten 300.000 Ecu am 3. Januar sogar persönlich mit dem Geldkoffer nach Sarajevo transportieren. Große Sorgen machen dem Hochkommissar auch die fehlenden Polizeikräfte, die in Bosnien eine neue zivile Ordnungsmacht aufbauen und überwachen sollen.
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