: Schulinsel kommt ins Schwimmen
■ Das Internat auf der Insel Scharfenberg steht auf der Streichliste des Finanzsenators. SPD gegen Privatisierung, aber für höhere Mieten von Lehrern
Sie liegt an einem der schönsten Orte der Stadt, abgelegen und in ländlicher Umgebung, die Schulfarm auf der Insel Scharfenberg im Tegeler See. 149 Kinder, von der siebten Klasse bis zum Abitur, werden hier unterrichtet, viele von ihnen wohnen auch im Internat. Wer die mit zwanzig Hektar größte Insel im Nordwesten besuchen will, muß die Fähre nehmen – eine Autoverbindung existiert nicht.
Nun steht das seit 1921 bestehende Gymnasium, wie so viele andere Einrichtungen, auf der Streichliste von Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU). Zwar ist die SPD gegen eine Aufgabe oder Privatisierung. Doch stört man sich in Kreisen der Fraktion an den „zu niedrigen Mieten für Dienstwohnungen“. Eine Erhöhung wird daher im Zusammenhang mit den laufenden Koalitionsverhandlungen nicht ausgeschlossen.
Vor allem die Lehrer zahlen, gemessen am lukrativen Standort, nach Ansicht mancher Sozialdemokraten bescheidene Mieten. Derzeit werden die neun Dienstwohnungen vom Personal – darunter zwei Fährmänner – und von vier Lehrern und ihren Familien genutzt. Für die kleinste Wohnung (67 Quadratmeter) verlangt der Bezirk Reinickendorf monatlich 336 Mark, die größte mit 100 Quadratmetern, die vom Schuldirektor bewohnt wird, kostet monatlich ganze 690 Mark.
Der Bezirk wehrt sich gegen den Vorwurf, nicht marktgerechte Mieten zu erheben. Man halte sich strikt an die von der Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen erlassenen Vorgaben für Dienstwohnungen, so Reinickendorfs Schulstadtrat Wolfgang Brennecke (SPD) gegenüber der taz. Es sei absurd, dem Bezirk die Schuld an den „angeblich zu geringen Einnahmen“ zuzuschieben. „Wenn schon über die Miethöhe gesprochen wird, dann bitte schön aber über die aller Dienstwohnungen im Land“, so lautet seine Forderung an die Adresse seiner Parteigenossen.
Für sämtliche Dienstwohnungen auf Scharfenberg nahm Reinickendorf im vergangenen Jahr 47.800 Mark ein. In diesem Jahr sollen die Mieten leicht erhöht werden. Vorgesehene Mieteinnahmen: 52.500 Mark.
Den Vorwurf, die Lehrer würden zu geringe Mieten an einem der schönsten Orte Berlins zahlen, hält Schulstadtrat Brennecke schlichtweg für „ungerechtfertigt“. Schließlich sei das Internat „nicht den Privilegierten vorbehalten, sondern erfüllt neben der schulischen Bildung auch einen Erziehungsauftrag“. Und der sei manchmal sehr kräftezehrend. Dem schließt sich der Leiter des Landesschulamtes, Wilfried Seiring an. Die dort wohnenden Lehrer seien schließlich „rund um die Uhr“ gefordert. Eine Idylle, so Seirings ironischer Kommentar, sei Scharfenberg wohl nicht: „Wenn Sie mich fragen, ist das Wohnen dort doch eher eine Art Zwangsmaßnahme.“ Severin Weiland
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