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Kombination von Kiosk und Klo

■ Krieg um geplante Würstchenbude auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz: SPD-Filz oder notwendige Bedürfnisbefriedigung Von Heike Haarhoff

Es geht um die Wurst in der Mönckebergstraße: Peter Gero, Baudezernent im Bezirk Mitte, steht im Verdacht, dem Würstchenkönig von der Reeperbahn, Helmut Schultze, eine weitere ordinäre Brat- und Britzelbude auf Hamburgs erster Konsummeile genehmigt zu haben. Nur weil Gero ihnen wichtige Informationen vorenthalten habe, so die beleidigten Bezirksparteien GAL und CDU, hätten die Mitglieder des Bauausschusses am 3. Januar einstimmig dem Bauantrag für das angebliche Würstchenbuden-Bedürfnis zugestimmt. Entstehen soll der Kiosk unter einem 22 Meter langen Dach, das zwischen den Treppenabgängen zu den unterirdischen, öffentlichen Toiletten am Gerhart-Hauptmann-Platz/ Ecke Mönckebergstraße geplant ist.

„Wir werden alles versuchen, diese Entscheidung rückgängig zu machen“, kündigte die Vorsitzende des Bauausschusses, GALierin Ursula Schneider, gestern den Würstchen den Krieg an. In der Bezirksversammlung am kommenden Dienstag will die Opposition mit einem CDU-Antrag durchsetzen, daß der Beschluß zurückgenommen wird. Dem Baudezernenten wirft sie vor, den geplanten Würstchenstand weder öffentlich ausgeschrieben noch die Meinung der Fachämter eingeholt zu haben. „An dieser Stelle ist nach dem städtebaulichen ,Gestaltungsrahmen Mönckebergstraße von 1987' überhaupt kein Bau zulässig, weil das die freie Linie zwischen Binnenalster und Elbe unterbrechen würde“, empört sich Schneider darüber, daß Gero „hierüber kein Wort verloren hat“.

Baudezernent Gero ist derweil über die Wurstigkeit von GAL und CDU erstaunt: „Der Antragsteller will die maroden Toiletten sanieren und mit einer oberirdischen, privatwirtschaftlichen Nutzung verbinden“, findet Gero die Kombination von Kiosk und Klo ziemlich genial. Die Stadt spare zudem 460.000 Mark für die Instandsetzung der Toiletten.

Von SPD-Filz will Gero nichts wissen, Schneider hingegen glaubt, daß Kurt Schumacher, SPD-Mitglied des Bauausschusses, den Antrag von Helmut Schultze, seines Zeichens SPD-Vize im Distrikt Heiligengeistfeld, nicht nur wegen gemeinsamer Gaumenfreuden befürwortet hat: Schumacher ist zufällig der Vorsitzende des Distrikts Heiligengeistfeld. „Da sollte eindeutig jemand bedient werden“, schilt Schneider.

„Natürlich haben wir im Vorfeld alles mit den Fachämtern geprüft“, streitet Gero jeglichen Filz ab. Stadtplanungs-Chef Peter Illies kann sich dagegen an kein Gespräch erinnern: „Und außerdem sehe ich beim besten Willen keinen Würstchen-Notstand auf der Mönckebergstraße.“

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