: Grüne wollen Bremser bremsen
Europäische Ökosteuern sollen künftig per Mehrheitsentscheidung beschlossen werden. Binnenmarktkommissar ist für Ökosteuer, tut aber nichts ■ Von Christian Rath
Brüssel (taz) – Ein großes Hindernis versperrt bisher den Weg zu europäischen Ökosteuern. Weil bei Steuerfragen im EU-Ministerrat Einstimmigkeit erforderlich ist, finden sich immer ein oder meist sogar mehrere Mitgliedsstaaten, die jeden Fortschritt verhindern wollen. Deshalb fordern die Euro- Grünen jetzt die Einführung von Mehrheitsentscheidungen in diesem Bereich. „Wenn bei der Regierungskonferenz 1996 die europäischen Verträge geändert werden, dann ist es eine zentrale grüne Forderung, den Durchbruch bei den Ökosteuern endlich zu ermöglichen“, erklärte der belgische Abgeordnete Paul Lannoye. Eigentlich liegt diese Forderung voll im Trend der europäischen Diskussionen. Die EU will ihr Entscheidungssystem ohnehin „liften“, um auch nach der Aufnahme von bis zu zehn neuen Mitgliedsstaaten weiter handlungsfähig zu bleiben. Die Möglichkeit zur Mehrheitsentscheidung soll deshalb künftig die Regel sein.
Doch gerade die Steuerpolitik ist einer der sensibelsten Punkte. Hier sehen viele Mitgliedsstaaten eines der letzten Refugien ihrer Souveränität und wollen deshalb in Brüssel nicht überstimmt werden können. Selbst die von den Grünen auf ihrer Ökosteuer-Konferenz vorgestellte Lösung, bei Abstimmungen über Ökosteuern die Mehrheit genügen zu lassen, dürfte vielen (etwa den Briten) als verhängnisvoller Schritt in die falsche Richtung gelten.
Auf der anderen Seite ist auch die Ökosteuer-Idee in Europa höchst unterschiedlich verankert. Nur Schweden, Finnland, Dänemark und die Niederlande haben bereits den Einstieg in umfassende Ökosteuersysteme gewagt. Die Bundesregierung hat dagegen immer auf ein gemeinsames Vorgehen der Europäer gedrängt. Naheliegend wäre es deshalb, daß die grüne Initiative größte Unterstützung seitens der Bundesregierung erfahren müßte. Doch der anwesende Vertreter des Bonner Wirtschaftsministeriums hielt sich bedeckt: „Die Meinungsbildung der Regierung ist in dieser Frage noch nicht abgeschlossen.“ Eine höflich umschriebene Absage also. Diffus blieb auch die Haltung der Kommission. Immerhin hatte sie den Binnenmarktkommissar Mario Monti entsandt. Dieser zeigte sich zwar durchaus aufgeschlossen („Ich persönlich halte Ökosteuern für ein angemessenes Instrument“), verzichtete jedoch darauf, neue Initiativen zu präsentieren.
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