: Schneider kommt nach Hause
Immobilienkaufmann verzichtet auf weiteren Widerstand gegen Auslieferung nach Deutschland. Seine Frau mochte Knast in Miami nicht ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt
Frankfurt/Main (taz) – Dr. Jürgen Schneider, in Miami einsitzender Ex-Immobilienkaufmann, mutmaßlicher Kreditbetrüger und Bankrotteur, kommt nach Hause. Schneider hat seinen Widerstand gegen das von der Staatsanwaltschaft in Frankfurt an die Justizbehörden der USA gerichtete Auslieferungsersuchen offenbar aufgegeben. Über seine Rechtsanwälte ließ der 61jährige am späten Montag nachmittag mitteilen, daß er gewillt sei, umgehend nach Deutschland zurückzukehren. Offiziell, so hieß es, wolle Schneider der Staatsanwaltschaft dabei behilflich sein, den von ihm „nicht angerichteten und nicht gewollten Schaden“ zu begrenzen.
Inoffiziell war zu hören, daß seine Ehefrau Claudia Schneider- Granzow, gegen die gleichfalls ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft läuft, die U-Haft in dem Gefängnis in Florida, in dem die von „Miami Vice“ verhafteten Delinquenten auf ihren Prozeß warten, nicht länger aushalte.
Im November 1995 hatte ein US-Bundesrichter dem Begehren der Frankfurter Staatsanwaltschaft stattgegeben und die Auslieferung von Schneider und seiner Frau nach Deutschland verfügt. Im Auftrag ihres Mandanten legten die Anwälte von Schneider dagegen Berufung ein. In U-Haft hatte Schneider wiederholt seine Unschuld beteuert und sich als „Opfer“ der kreditgebenden Banken geriert. Die Banken – allen voran die Deutsche Bank – müßten sich warm anziehen, wenn er auspacke. Die Deutsche Bank nahm es gestern gelassen.
Daß Schneider und seine Frau nun schneller als erwartet nach Deutschland zurückkehren, hat bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt keine hektischen Aktivitäten ausgelöst. Noch seien die Ermittlungsverfahren gegen Schneider und seine Frau nicht abgeschlossen, sagte Behördensprecher Job Tilman. Und mit einer Anklageerhebung sei erst im Spätsommer zu rechnen. Wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr wird das Ehepaar, das möglicherweise schon in der kommenden Woche ausgeliefert werden kann, dann erneut in U-Haft genommen: vom Knast in Miami in die Zellen von Preungesheim. Immerhin werden Jürgen und Claudia Schneider des betrügerischen Bankrotts in dreistelliger Millionenhöhe und des Kreditbetrugs beschuldigt. Bei den strafrechtlich relevanten Vorwürfen geht es vor allem um die 245 Millionen Mark, die von Schneider und Schneider kurz vor ihrem „Erholungsurlaub“ (Schneider) über London und die Bahamas nach Genf transferiert worden waren.
Das Ehepaar selbst war in Florida untergetaucht und dort im Mai 1995, nach der „schwersten Fahndung in der Geschichte des BKA“ (BKA) aufgespürt und festgenommen worden. Im Gegensatz zu den Äußerungen der Staatsanwaltschaft hofft der zur „bedingungslosen Zusammenarbeit“ mit den Behörden bereite Schneider auf Haftverschonung – zumindest für seine Frau. Den Gesamtschaden der Pleite bezifferte der Konkursverwalter der Schneider AG und der Schneider GbR auf 2,5 bis 3 Milliarden Mark.
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