Grusical im alten Hallenbad

■ Senat soll 45 Millionen für die Spielstätte vorschießen. Ein Vertragsentwurf ist fertig.

Dr. Jekyll und Mr. Hyde sollen Musical-Fans nach Bremen locken. Nach langer Diskussion liegt nun ein unterschriftsreifer Vertrag zwischen der Hanseatischen Veranstaltungs-GmbH (HVG) und der der Hamburger Produktionsfirma Neue Metropol vor.

Der Bremer Senat werde am 6. Februar über den Plan entscheiden, zwei Tage später würden die Wirtschaftsförderungsausschüsse der Bürgerschaft gefragt, bestätigte HVG-Sprecher Torsten Haar.

Der Vorhang für das gruselige Musikdrama um den schizophrenen Doktor nach dem Roman von Robert Louis Stevenson soll sich Ende 1997 am Richtweg heben. Spielstätte soll der Showpark sein, besser bekannt als Hallenbad Mitte oder als Disco Astoria, die hier einst pleite machte.

Bevor aber die Musical-Touristen die Bremer Stadtkasse klingeln lassen, muß das Astoria nach Auskunft von Haar für 45 Millionen Mark umgebaut werden. Dieses Geld soll Bremen als Vorleistung erbringen. Mit den laufenden Kosten werde die Stadt dann aber nicht belastet werden. Marketing und Werbung würde die Neue Metropol übernehmen, die zur Zeit „Buddy Holly“ im Hamburger Freihafen über die Bühne rocken läßt.

Obwohl andere Musical-Theater, wie etwa das neue Rhein-Main-Theater bei Wiesbaden, komplett von privaten Investoren bezahlt werden, scheint eine völlige Abstinenz der Stadt nicht möglich zu sein. „Die bauen ja auch Theater auf der grünen Wiese“, so Haar. Der Bremer Plan sei aber gerade, Leben in die Innenstadt zu bringen. Man würde die Wirtschaftlichkeit des Prjekts noch sauber prüfen, ehe Geld fließen werde, sagte Frank Schaer, Sprecher von Wirtschaftssenators Perschau (CDU).

Pächter des Gebäudes am Richtweg soll nach dem Entwurf des Vertrages die landeseigene Hanseatische Industrie-Beteiligungen GmbH (HIBEG) werden. Der Besitzer der Immobilie wäre so vor dem Risiko einer neuen Pleite in seinen Räumen geschützt. Die Neue Metropol werde das Theater von der HIBEG pachten. Falls Jekyll & Hyde ein Flop würde, müsse die Produktionsfirma laut Vertratsentwurf ein neues Musical auf die Bretter bringen, hieß es bei der HVG.

Bei der Neuen Metropol war der Geschäftsführer Frank Buechler gestern nicht zu erreichen. In seinem Büro wurde allerdings bestätigt, daß die Firma die deutschen Rechte für das Musical erworben hat. Zur Zeit tourt das Stück durch mehrere amerikanische Städte.

Bei der Kulturbehörde wußte man gestern noch nichts von einem Musical.

Bremer Kulturpolitiker zeigten sich in ersten Reaktionen nicht sehr begeistert von dem Plan, der offenbar allein zwischen HVG, der Bremer Wirtschaftsförderung und dem Wirtschaftssenator ausgehandelt worden ist. Auch Wolfgang Schrörs, für die CDU in den Wirtschaftsförderungsausschüssen, konnte sich nicht erinnern, daß ihm das Musical-Projekt jemals vorgestellt worden sei.

Abschreckend sei vor allem, daß der Senat Geld für ein unsicheres Projekt vorschießen soll, hieß es bei AfB und Grünen unisono. Die Idee eines Dauer-Musicals sei inzwischen auch nicht mehr sehr originell, sagte Helga Trüpel (Grüne). Lieber sollte man mit dem Geld das Tanztheater am Goetheplatz erhalten, so Elke Kröning (AfB). Investoren müßten das Risiko allein tragen, findet Elisabeth Motschmann (CDU). Skeptiker befürchten, daß der Musical-Markt nach dem Boom inzwischen gesättigt sei.

jof