■ Vor dem Gesetz sind alle gleich
: Richter: Rülpsen reicht nicht

Deutsche Auslandspauschalreisende sind besonders erfinderisch, wenn es nach dem Ferienende darum geht, die Urlaubskasse aufzubessern. Zogen sie früher noch zu Recht vor Gericht – wenn etwa der Reiseveranstalter die Großbaustelle neben dem Hotel aus dem Katalog wegretuschiert hatte –, so fordern Urlauber heute „Geld zurück!“, weil sie im Restaurant neben Rollstuhlfahrern sitzen mußten oder mit schlechtem Wetter zu tun hatten. Anstatt sich gefälligst zu erholen, fotografieren sie tropfende Wasserhähne, messen das Kellnertempo mit der Stoppuhr und setzen einheimische Mahlzeiten auf die Mängelliste.

Dem Teilnehmer einer Luxusreise nach Tunesien stießen rülpsende Mitesser auf; er beklagte sich vor dem Hamburger Amtsgericht und wollte 35 Prozent des Reisepreises zurück. Der welterfahrene Richter schmetterte die Klage ab und bemerkte folgendes in der Urteilsbegründung:

Zum Sachverhalt: [...] Im Katalog, genauso wie im Sonderangebot, hatte der Veranstalter das Hotel mit fünf Sternen klassifiziert. Danach handelte es sich um ein Luxushotel beziehungsweise um ein Hotel erster Klasse. [...] Zur Reisezeit war ein benachbartes Hotel überbucht. Dieses war nur mit drei Sternen klassifiziert und gehörte somit zu einer niedrigeren Komfortklasse als das hier fragliche Hotel. Von dort wurden Gäste in das Hotel des Klägers umgelegt. Dem Kläger mißfielen die Gäste aus dem Nachbarhotel. [...] Sie seien eine massive Störung gewesen.

Diese Gäste hätten nicht die finanziellen Möglichkeiten gehabt, den Aufwand für ein Fünf-Sterne- Hotel zu erbringen. Daraus habe sich ergeben, daß diese Gäste ein einfach strukturiertes Niveau gehabt hätten, das nicht seinem entsprochen habe. Sie hätten sich in Auftreten und Benehmen unangenehm von dem gehobenen Standard der übrigen Gäste unterschieden, die – wie der Kläger – das Fünf-Sterne-Hotel gebucht und bezahlt hätten. Das beschriebene niedrige Niveau habe sich in Körpergeruch, Rülpsen und in der Tatsache manifestiert, daß die Gäste in Badekleidung zum Essen erschienen seien.

Entscheidungsgründe: [...] Es ist nicht nachzuvollziehen, welchen Reisemangel der Kläger in denjenigen Gästen sieht oder auch nur sehen kann, die ursprünglich die niedrigere Kategorie im Nachbarhotel gebucht hatten.

Im Zeitalter des Massentourismus ist es allen Bevölkerungsschichten möglich, Fernreisen anzutreten. Ein spezielles Publikum für Luxushotels, wie es sich der Kläger vorstellt, gibt es heutzutage nicht mehr. Das gilt insbesondere dort, wo 14 Tage inklusive Flug und Halbpension nur 2.000 Mark pro Person kosten. Von vornherein konnte der Kläger bei diesem Preis nicht davon ausgehen, daß er sich ausschließlich unter besonders betuchten Mitreisenden aufhalten werde.

Insbesondere ist aber auch kaum ein Zusammenhang ersichtlich zwischen der Höhe des Familieneinkommens einerseits und dem Benehmen in der Öffentlichkeit andererseits. Die Phänomene, die der Kläger beschreibt, nämlich Körpergeruch und Badekleidung beim Essen, sind typische – wenn auch nicht feine – Erscheinungen eines Strandhotels und somit als bloße Unannehmlichkeiten hinzunehmen, die ihren Grund in dem üblichen Rahmen menschlichen Zusammenlebens finden. Auch wenn der eine oder andere ,rülpst‘, kann dies nicht Gegenstand eines Reisemangels sein. Die daraus entstehende Beeinträchtigung erreicht ein rechtlich erhebliches Maß nicht. [...]“

(Aktenzeichen: 9 C 2334/94; veröffentlicht im NJW-Rechtsprechungsreport) Michael Schmuck