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„Schmuckstück“ mit Sogwirkung?

■ St. Pauli: Anwohner haben nichts gegen ein Aids-Hospiz, aber in einem anderen Stadtteil würden es viele doch lieber sehen

In der Nähe der Altonaer Friedenskirche, dem Gründungsort von „Hamburg Leuchtfeuer“, soll ein Aids-Hospiz zukünftig fünfzehn BewohnerInnen eine selbstbestimmte letzte Lebensphase ermöglichen. Die Stadterneuerungsgesellschaft (Steg) lud deshalb am Donnerstag abend Anwohner und Initianten zur Projekterörterung.

Umbau und Sanierung des seit Jahren leerstehenden Gebäudes des ehemaligen Israelitischen Krankenhauses könnte optimale Bedingungen schaffen, um Leben und Sterben zu verbinden. Neben Sanitäreinrichtungen und Einzelzimmern dürfte im Hospiz ein großer „Raum der Stille“ auch Trauerfeiern, Feste und Kulturveranstaltungen ermöglichen.

„Es ist sinnvoll, frühzeitig den Anwohnern Gehör zu verschaffen,“ weiß Steg-Beauftragter Axel Fröman. Der Stadtplaner ermunterte die 30 erschienenen Nachbarn zur offenen Aussprache – und bekam sie: „St. Pauli ist doch schon stark genug belastet, muß sowas nun auch noch sein“, fragte ein besorgter Anwohne. „Wenn da auch nur ein Paar Drogenleute drin sind, dann kommen noch andere“, fürchtet ein anderer. Gegen die Idee hätte man ja nichts einzuwenden, aber die Auswirkungen ließen „die Gegend zum nächsten Hauptbahnhof verkommen“.

Wie beim gescheiterten Hummelsbütteler Lebenshausprojekt ängstigt viele eine „Sogwirkung“ auf Drogenabhängige. „Die sehen ihre kranken Freunde und müssen sich dann draußen erstmal den nächsten Schuß setzen“, befürchtete ein Mann, „die Drogenszene hat hier sowieso einen gedeckten Tisch“, entgegnete ein ehemaliger Polizist.

Grete Kleist vom SPD-Distrikt St. Pauli beklagte die besonderen Belastungen des Kiez-Viertels: „Wir sind seit Jahren gebeutelt.“ Dennoch will sie sich für das seit Jahren diskutierte Vorhaben einsetzen. „Der Kiez war niemals drogen- und spritzenfrei“, sagte der Hamburger Aids-Pastor Rainer Jarchow. Erfahrungen aus einem Züricher Aids-Hospiz hätten zudem keine neue Belastungen für das Umfeld gezeigt.

Mit der Frage, wie man den selbst sterben möchte, hatte der Seelsorger die Versammlung eingangs auf das Thema eingestimmt und über den Sinn des Projekte informiert. Die meisten an Aids sterbenden Menschen sind statistisch zwischen 30 und 35 alt. „Die wollen Leben sehen und nicht weitab im Grünen wohnen,“ berichte Jarchow. Daher sei die zentrale Plazierung im Stadtgebiet wichtig. Der Aids-Pfarrer versprach ein „Schmuckstück“ für St.Pauli. Der Wert eines Stadtteiles zeige sich nicht an „Marmorsäulen und großen Einkaufspassagen“, sondern an seinen sozialen Einrichtungen.

Miguel-Pascal Schaar

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