Städtetag beweint den Schuldenberg

■ So pleite waren Städte noch nie. Kurzum: Gebühren steigen

Bonn (taz) – Großer Tränenfluß in Bonn. „Wir sind im Tal der Tränen“, klagt der Deutsche Städtetag zwar jährlich, aber so „tragische Entwicklungen in einzelnen Städten“ wie im vergangenen Jahr gab es laut Städtetagspräsident Gerhard Seiler (CDU) noch nie. 13,4 Milliarden Mark betrug das Finanzierungsloch, Besserung sei nicht in Sicht. Mindestens zwölf Milliarden würden auch 1996 fehlen, davon 7,6 im Westen.

Die naheliegende Konsequenz: Um etwa fünf Prozent sollen in diesem Jahr die kommunalen Gebühren steigen, sechs Prozent waren es 1995. Dies betrifft zum Beispiel Abwasser, Müll und Verwaltungsgebühren. Sämtliches Tafelsilber könne hingegen nicht verscherbelt werden. „Es rechnet sich nur kurzfristig, das Rathaus zu verkaufen um dann als Mieter wieder einzuziehen“, so der Karlsruher OB. Zwar hätten die Städte ihre Ausgaben seit 1993 annähernd eingefroren, aber die massiven Steuerausfälle hätten das Finanzloch 1995 nochmals um 1,3 Prozent vertieft. Schuld sei auch der Bund, der den Städten Ausgaben übertrage. So stiegen 1995 die Ausgaben für soziale Leistungen um sechs Prozent. Eigentlich, so Seiler, könnte man sich auch den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz nicht leisten. Der erfordere Investitionen von über 20 Milliarden „die ohne schmerzliche Einschnitte in andere kommunale Leistungen, auch im Jugendhilfebereich, nicht zu machen sind.“ Holger Kulick