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■ QuerspalteWollen und Können

Es sei mir gestattet, an dieser Stelle vorläufig eine letzte persönliche Bemerkung loszuwerden: Mutti wollte immer, daß ich Diplomat werde. Ich konnte ihr den Wunsch aber nicht erfüllen. So ist das immer: Die eine will, und der andere kann nicht. Dieses Beziehungs- und Verhaltensmuster zieht sich wie ein roter Faden durch mein, nein, durch unser aller Leben. Mutti will immer, und wir können nicht. Später, als aus Mutti Friederike geworden war, die auch immer wollte, was ich nicht konnte, ging das geradeso weiter. Aber davon vielleicht ein anderes Mal. Glücksmomente nennen wir jedenfalls solche seltenen Augenblicke, in denen Wollen und Können zusammenfallen. Unglück ist, wenn wir wollen, aber nicht können.

So nähern wir uns langsam, aber ohne Umwege Haiti. Also: Der deutsche Botschafter auf Haiti heißt Günther Dahlhoff, und der wollte beim Besuch von vier Bundestagsabgeordneten auf der Insel etwas Sinnvolles sagen. Konnte er aber nicht. Vielleicht konnte er noch nie, wir wissen es nicht. Dahlhoff sprach über die Überbevölkerung von Haiti, und seine Analyse des Problems – „Die haitianische Frau will immer, und der haitianische Mann kann immer“ – hat zu außenpolitischen Verwicklungen geführt. Herr Dahlhoff mußte sich in Bonn erklären. Wahrscheinlich wollte er gar nicht, konnte aber nicht anders. Gestern ist er gefeuert worden.

Man warf dem Botschafter vor, seine Äußerung sei rassistisch, seine Vermehrungstheorie dem Tierreich entlehnt. Doch wo wir schon beim Karnickel sind: Ähneln die Deutschen mit ihren langen Ohren (Lauschangriff), ihrem Fluchtverhalten (Konto in Luxemburg) und ihrem Hakenschlagen (Ladenschlußgesetz) dem Hasen nicht viel mehr als die Bewohner der Karibik?

Egal. In Italien, so eine Meldung dieser Tage, werden nur noch wenige Kinder geboren, so wenig wie nirgendwo anders in Europa, von Haiti ganz zu schweigen. Woran das wohl liegt? Man sollte den deutschen Botschafter in Rom einmal fragen. Philipp Maußhardt

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