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Schuldensperre bei Fokker

■ Die Aktien des Flugzeugbauers sind fast wertlos, Zehntausende HolländerInnen verlieren Geld. Der Daimler-Benz-Betriebsrat in Stuttgart stimmt allem zu

Amsterdam (taz/dpa) – Das Krisenmanagement beim noch deutsch-niederländischen Flugzeugbauer läuft auf Hochtouren. Am Montag abend hatte Großaktionär Daimler-Benz verkündet, daß er die Milliarden-Löcher bei seiner Regionalflugzeugtochter nicht weiter stopfen werde. Am Dienstag abend hat die Fokker NV Zahlungsaufschub beantragt und erhalten, teilte Vorstandschef Ben van Schaik im Anschluß an eine Aufsichtsratssitzung in Amsterdam mit. Das heißt nach niederländischem Recht, daß für vier Wochen keine Gläubiger Zugriff auf das Firmeneigentum haben. Rechnungen können nicht eingeklagt werden. Das vermehrt natürlich nicht gerade das Vertrauen in die Firma. Aber: „Zahlungsaufschub ist unvermeidlich geworden“, sagte van Schaik. Man habe keine adäquate Finanzierung für Fokker mehr finden können.

Für einige Unternehmensbereiche, darunter Fokker Aircraft Services (Ersatzteile) und Fokker Special Products (Verteidigung) gilt der Zahlungsaufschub nicht. Diese Bereiche seien nicht gefährdet, sagte van Schaik. Damit seien mindestens 3.000 der 7.900 Arbeitsplätze bei Fokker sicher.

Fokker hatte zunächst von der niederländischen Regierung Überbrückungskredite gefordert, um einen Zahlungsaufschub „nach Möglichkeit“ zu verhindern. Wirtschaftsminister Hans Wijers hatte Fokker dagegen empfohlen, Zahlungsaufschub zu beantragen. „Das schafft Ruhe“, sagte Wijers. Gläubiger wie Daimler Benz würden „auf Abstand gehalten“. Man könne dann in Ruhe überlegen, wie es nun weitergehen solle.

Das niederländische Parlament wird möglicherweise bereits an diesem Mittwoch über Fokker debattieren. Die christdemokratische Opposition will von der sozialliberalen Regierung wissen, ob alles getan wurde, um mit Daimler zu einer Einigung zu gelangen. Laut Daimler hat sich die Regierung geweigert, 1,1 Milliarden Mark zur Verfügung zu stellen. Nur unter dieser Bedingung wollten die Stuttgarter ihrerseits mit einer weiteren Milliarde versuchen, Fokker zu sanieren.

Die Niederländer werden indessen zweimal zur Kasse gebeten. Einmal indirekt, weil der Staat Geld für die Rettungsmaßnahmen zusammenkratzen muß. Doch auch direkt bei ihrer Geldbörse trifft es viele, nämlich durch die relativ weit verbreiteten Fokker-Aktien in Privatbesitz: 40 Prozent hält Daimler, gut 11 Prozent der Staat. der Rest ist gestreut. Der Kurs fällt und fällt. Schon vor dem endgültigen Aus war am Freitag eine Aktie nur noch 6,20 Gulden wert. Am Montag wurden Fokker-Aktie und -Obligationen vom Markt genommen, um „die Anleger zu warnen, daß sich dieser Fonds in Schwierigkeiten befindet“, so die Amsterdamer Börsenaufsicht – als ob das nicht schon alle gemerkt hätten. Inoffiziell geht der Handel aber weiter, gestern sackte der Wert einer Aktie auf unter zwei Gulden. Vor der Übernahme von Fokker durch Daimler im Frühjahr 1993 kostete eine Anteilschein mehr als zwölf Gulden.

Der Daimler-Konzernbetriebsrat in Stuttgart unterstützt Vorstandschef Jürgen Schrempp bei seinem harten Sparkurs – obwohl durch die Fokker-Pleite bei der Luftfahrt-Tochter Dasa auch in Deutschland 1.200 Stellen gefährdet sind. Für diese Arbeitsplätze beantragt die Dasa vorsorglich Kurzarbeit. Laut dem Konzernbetriebsratsvorsitzenden Carl Feuerstein ist die Entscheidung über den Stopp der Daimler-Zahlungen an Fokker im Aufsichtsrat einstimmung – also mit der Zustimmung der Arbeitnehmervertreter – gefallen. rem

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