piwik no script img

Galgen und Gewehr

■ Neue alte Hinrichtungsmethoden florieren in den USA: „Wie China“

Smyrna/USA (AP) – Billy Bailey, ein wegen Mordes an einem älteren Ehepaar verurteilter Amerikaner, stieg auf das hölzerne Gerüst des Galgens. Er schloß die Augen, schniefte und blieb stumm, als er eine schwarze Haube über den Kopf gestreift bekam. Dann wurde die Falltür geöffnet. Baileys Körper zuckte kurz im Wind und drehte sich langsam über der knapp fünf Meter hohen Plattform. Elf Minuten später, am frühen Donnerstag morgen, wurde der 49jährige für tot erklärt. Etwa 20 Befürworter der Exekution hatten sich vor dem Gefängnis versammelt, durch einen Zaun von rund 70 Gegnern getrennt.

Bailey war der erste zum Tode Verurteilte seit 50 Jahren, der im US-Staat Delaware am Galgen hingerichtet wurde, und der dritte im ganzen Land seit 1965. Er war bereits zum Tod am Strang verurteilt worden, bevor Delaware 1986 seine Hinrichtungsmethode auf Giftinjektionen umstellte. Bailey hätte sich für die Spritze entscheiden können, doch er zog den Galgen vor, „denn Gesetz ist Gesetz“, wie er sagte. Nur drei weitere US- Staaten erlauben die Hinrichtung durch den Strang: Montana, New Hampshire und Washington.

Im Staat Utah, wo das Hängen von Delinquenten seit 1983 untersagt ist, soll heute die erste staatliche Erschießung seit 19 Jahren stattfinden. John Albert Taylor, wegen Vergewaltigung und Ermordung eines elfjährigen Mädchens 1988 zum Tode verurteilt, konnte zwischen der Todesspritze und der Erschießung wählen. Der 38jährige entschied sich sich für die zweite Methode, um dem Staat seine Hinrichtung so schwer wie möglich zu machen. Taylor beteuert seine Unschuld. Menschenrechtler trafen am Donnerstag in Salt Lake City ein, um gegen die Hinrichtung zu protestieren. Bill Schulz, Direktor von amnesty international (ai), sagte, die USA stelle sich in eine Reihe mit „solch vorbildlichen Staaten wie China, Nigeria, Irak und Kuba“, während die meisten anderen Länder die Todesstrafe abgeschafft hätten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen