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Anleitung zum Glücklichsein

■ „How to irritate people“, Comedy-Serie von und mit John Cleese und Graham Chapman ( ab Sa., 19.00 Uhr, arte)

Mittwoch abend im Flugzeug nach Hamburg war es, da teilte der Kapitän per Lautsprecher mit, die Bremsen der Maschine seien eingeforen. Ah ja, dachte ich, interessant, ich wußte gar nicht, daß man in der Luft bremsen muß. Kurze Zeit später begann die Stewardeß, die Fluggäste in einem Maße mit Alkohol zu versorgen, als säße ihr die Prohibition persönlich im Genick – im Flugzeug immer das sicherste Indiz dafür, daß die Mannschaft sich vom Glauben an eine sichere Landung gerade verabschiedet hat. Auf der anderen Seite vom Gang wurde eine junge Frau weiß um die Nase,; verzweifelt knetete sie ein Plüschtier, einen jungen Stofffrosch, den sie etwa alle drei Minuten auswringen mußte.

Manchmal ist die Wirklichkeit gar nicht so schlecht, aber einen Vergleich mit der Kunst hält sie doch nicht aus: Schon 1968 verstanden John Cleese, Graham Chapman und Michael Palin, aus derselben Situation weit mehr herauszuholen als jener Pilot der „Hamburg Airlines“ 28 Jahre später. Cleese und Chapman sitzen gelangweilt im Cockpit, spielen „Ich sehe was, was du nicht siehst“, und gehen schließlich dazu über, die (im Bild nicht sichtbaren) Passagiere in Panik zu versetzen, indem sie über Mikrofon durchgeben, zur Panik bestehe nicht der geringste Grund. Mit Hilfe eines heimtückischen Stewarts (Michael Palin) und abgrundtief gemeiner Kommandos („Nein, die linke Tragfläche brennt nicht“) bringen sie die Fluggäste schließlich zum Sprung aus den Wolken, den sie unter fröhlichem Gelächter mit der Überlegung kommentieren, daß sie dafür wohl Ärger kriegen könnten. In ihrem dreiteiligen Kursus „How to irritate people“ zeigen John Cleese und seine Mitstreiter, wie man sein Glück aus dem Leiden seiner Mitmenschen destilliert und was für ein kannibalisches Vergnügen solche Landplagen wie Eltern, devote Kellner, verlogene Autohändler und überfürsorgliche Ehemänner offensichtlich daran haben, ihre allernächste Umgebung mit sich zu penetrieren und zu quälen. Cleese präsentiert das Ganze im Stil einer Schulung für fortgeschrittene Normalfieslinge und entfaltet dabei seinen steifen, nervensägend verklemmten britischen Charme, an den bis heute niemand heranreicht.

Nein, hier soll nicht die Gratisarie gesungen werden, die Deutschen könnten nicht komisch sein, während hingegen der typisch britische Humor usw. – nur solange ein an den Monty Pythons geschulter komischer Filmautor wie Fritz Tietz beim NDR der Zensur unterliegt und sein „Buchtwacht“-Dreiteiler, in dem zum Beispiel ein Heiland erschossen wird, weil er permanent übers Wasser laufen will, auf harmloses Maß zusammengeschnitten wird; solange dagegen Flachkaschperln wie Wigald Boning und Til Schweiger als Komiker beziehungsweise komische Darsteller durchgehen, solange heißt es im deutschen Fernsehn: Möge der älteste Witz gewinnen – Vorhang auf für John Cleese! Wiglaf Droste

Teil 2/3: samstags, 19.00 Uhr

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