: Billigvergnügen, aber „Milieu war da nicht“
■ Altonaer Kommerztempel „Metropolis“ nach Eröffnung „leergefressen“ Von Heike Haarhoff
Altonas neuer Sauf-, Tanz- und Konsumtempel Metropolis in der Großen Bergstraße 178 übertrifft schier alle Erwartungen: Mit einer Zwangspause zum Auftakt wurde das allererste Wochenende für „10.000 Quadratmeter pures Erdbeben“ eingeläutet. An verriegelten Türen stießen sich gestern und vorgestern neugierige Nachzügler ihre Nasen. Wer die pompöse Eröffnungsfeier des Metropolis am Freitag abend um 21 Uhr verpaßt hatte, mußte leider draußen warten.
„Ziemlich plörrig für einen Neuanfang“, befand eine Dame knapp mit Blick auf Zigarettenkippen und anderen Schmuddel hinter den Glastüren. – Relikte der Einweihungsparty, zu der sich Radioberichten und Mitarbeiter-Erzählungen zufolge „mehrere Tausend Menschen“ in die über 20 neuen Kneipen, Restaurants, Discos und sonstigen Vergnügungsstätten im Altonaer Einkaufszentrum gedrängt haben sollen. Resultat: „Die haben uns leergefressen. Wir haben nach zwei Abenden nichts mehr zu essen und zu trinken und können frühestens Montag abend wieder öffnen“, gab ein Metropolis-Mitarbeiter gestern zu, den Ansturm nicht gerade weltmännisch kalkuliert zu haben.
Ironie des Schicksals oder weise Voraussicht: Wer die Werbeplakate für das umstrittene fünf Millionen-Projekt sorgfältig studiert hat, weiß, daß Geschäftsführerin Christiane Fritz nichts als die Wahrheit ankündigte, als sie „Erlebnis & Fun auf sechs Ebenen“ und zwar „26 Stunden täglich“, allerdings „mit Pausen“, versprach.
Gäste, die am Wochenende gern Bayernstube, Sandwich-Bar oder Ballhaus auf ihren Vergnügungswert hin inspiziert hätten, fanden den Eröffnungs-Flop weniger witzig: Unsanft habe man sie hinausbefördert, berichtet eine Passantin von ihrem Erlebnis mit den Türstehern: Ihr war es gelungen, am Samstag morgen durch einen unverschlossenen Eingang einen verstohlenen Blick ins Innere zu werfen. Hingehen wolle sie demnächst aber doch noch mal: „Da fängt man unten an, und wenn man oben ist, ist man voll“, frohlockt sie. „Vergiß es“, winkt eine andere ab. Schon vor fünf Jahren habe es an der gleichen Stelle einen ähnlichen Kommerzschuppen gegeben. Der sei auch bald pleite gewesen, sagt sie dem Metropolis das gleiche Schicksal voraus: „Milieu war da nicht.“
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