Einbrüche ins Eis häufen sich

■ Eisdecke der kleinen Binnenseen trägt, Feuerwehr warnt vor Havelüberquerung. Dilettantischer Rettungsversuch: Schlauchboot saß im Eisloch fest. Leiter vergessen

Die Feuerwehrleute konnten gestern ein bißchen ausruhen: Bis Redaktionsschluß mußte niemand aus einem Eisloch gezogen werden. Am Sonntag jedoch, als das Schlittschuhlaufen und Eishockeyspielen auf den zugefrorenen Berliner Seen zum Volkssport mutierte, flankiert von strahlendem Sonnenschein, wurde die Berliner Feuerwehr gleich zehnmal zu Eisunfällen gerufen. Zum Teil handelte es sich allerdings um Fehlalarme. Drei ins Eis eingebrochene Menschen mußten mit Unterkühlungen ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Die Decke auf den kleinen Binnenseen sei nach wie vor ziemlich dick, so ein Feuerwehrsprecher. Hochgradig gefährlich ist in seinen Augen jedoch die Havelüberquerung, da das Eis über den von Eisbrechern gezogenen Fahrrinnen oder über warmen Kraftwerksableitungen nicht trägt. Auch warnt er eindringlich vor romantischen Eisspaziergängen nach Einbruch der Dunkelheit wegen der Gefahr eines unromantischen Endes in einem Eisloch. Die von Eisanglern per Axt oder Kettensäge bearbeiteten Löcher sind im Dunkeln leicht zu übersehen. Ebenfalls heimtückisch sind die Löcher im Königs-, Hubertus-, Schäfer- und Nikolassee sowie in anderen Seen und Teichen, die für die Sauerstoffversorgung der Fische hineingehackt worden sind.

Solch ein Einbruch kann doppelt unangenehm werden, wenn sich dann auch noch die professionellen Helfer von der Feuerwehr reichlich unprofessionell abstrampeln. Das mußte ein etwa 40jähriger Mann erfahren, der am Sonntag nachmittag südlich der Glienicker Brücke von der Taille abwärts hilflos in einem Eisloch hing. Die Mannen von der Potsdamer Feuerwehr waren nach Aussagen eines Ehepaars, das sich bei der taz als Augenzeugen meldete, zwar schnell und mit allerlei Fahrzeugen zur Stelle. Bei ihrem ersten Rettungsversuch aber, so die Eheleute, „liefen einige Beamte mit einem dünnen Seil in Richtung der Unglücksstelle. Keiner von ihnen hatte Schlittschuhe, und so stellten sie bald fest, daß sie auf dem Eis nicht gut vorankamen.“ Kommando also zurück. Beim zweiten Versuch sei ein Schlauchboot mit Kufen aufs Eis geschoben worden. Wenige Meter von der Unglücksstelle entfernt „brach das Boot ebenfalls im Eis ein. Die Feuerwehrmänner konnten sich hineinretten. Von dieser Stelle aus hätte man dem Verunglückten ohne weiteres eine Leiter zuschieben können.“ Aber: „Sie hatten weder eine Stange noch eine Leiter noch einen Rettungsring dabei.“ Also versuchten sie, „mit zwei kleinen Paddeln das Boot aus dem Wasserloch fortzubewegen“. Für die letzten Meter zu dem zitternden Mann in seinem Eisloch hätten sie „etwa zehn Minuten“ gebraucht. „Auf unsere Frage, weshalb nicht jemand eine Leiter hinausbrächte, hieß es: ,Die Feuerwehr macht das hier professionell!‘“ Die Potsdamer Feuerwehr sah sich auf Anfrage der taz zu einer Stellungnahme nicht in der Lage.

Da das sonnige Klirrwetter nach Angaben von Meteorologen noch bis Donnerstag anhält und mildere Temperaturen erst Anfang nächster Woche erwartet werden, ist mit weiteren Einbrüchen zu rechnen. usche