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Massenentlassungen bei der UNO

■ „Strikt vertrauliche“ Pläne von Generalsekretär Butros Ghali sehen Personalkürzungen von zehn Prozent vor

Genf (taz) – Unter dem Druck der schwersten Finanzkrise ihrer 50jährigen Geschichte muß die UNO bis zum Jahresende ihren Personalbestand von derzeit insgesamt 10.144 Beschäftigten in der New Yorker Zentrale und den Filialen in Genf, Wien und Nairobi bis zum Jahresende um über zehn Prozent kürzen. In einem „strikt vertraulichen“ Vermerk aus dem Büro von Generalsekretär Butros Butros Ghali werden die Personal- und Programmanager an diesen vier UNO-Standorten angewiesen, bis zum 1. Februar 1.150 Stellen zu benennen, die ab spätestens 1. Januar 1997 entweder völlig gestrichen oder zunächst bis zum Jahre 2.000 gesperrt, also bei Freiwerdung nicht mehr besetzt werden sollen. 550 Stellen befinden sich auf der „professionellen Ebene“ und 600 im „allgemeinen Bereich“, der SekretärInnen, Boten, Wachdienst und ähnliches umfaßt. Voraussichtlich am 7. Februar wird Butros Ghali diese Maßnahmen öffentlich verkünden.

Der UN-Generalsekretär folgt damit einem Auftrag der UNO- Generalversammlung vom letzten Dezember, 6,4 Prozent der Stellen bis mindestens zum Jahr 2.000 vakant zu halten. Die Abschaffung oder vorläufige Sperrung von weiteren 3,6 Prozent ergibt sich aus der Entscheidung der Generalversammlung, erstmals in der UNO- Geschichte für das Doppelhaushaltsjahr 96/97 ein Nullwachstum des Budgets zu verordnen und den ursprünglichen Haushaltsentwurf von 2,7 Milliarden US-Dollar um 154 Millionen Dollar zu kürzen. Davon müssen – entsprechend dem 62-Prozent-Anteil der Personalkosten am UNO-Haushalt – 118 Millionen im Personalbereich eingespart werden.

Wie der Verwaltungschef der Genfer UNO-Filiale, Maryan Baquerot, gestern auf Anfrage einräumte, werden die Personalkürzungen voraussichtlich nach der „Rasenmähermethode“ stattfinden – das heißt: In allen Bereichen starre zehn Prozent weniger. Betroffen sind auch diejenigen unter den 15 UNO-Spezialorganisationen, die, wie zum Beispiel das Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR), ihre Finanzmittel ganz oder teilweise aus dem regulären UN-Haushalt erhalten. Nicht betroffen sind die 16 Sonderorganisationen – zum Beispiel die Weltgesundheitsorganisation – die sich ausschließlich aus Beiträgen ihrer Mitgliedstaaten finanzieren.

Hauptgrund für die Finanzkrise ist, daß die USA 1995 nur 47 Prozent ihres Pflichtbeitrages zum regulären UNO-Budget und 40,2 Prozent ihres Pflichtbeitrages zum Sonderhaushalt für Blauhelmeinsätze bezahlt haben. Insgesamt schuldeten die 186 Mitglieder der UNO-Kasse zum 31. Dezember 3,3 Milliarden US-Dollar Pflichtbeiträge. Andreas Zumach

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