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Solidarpakt „ein Schritt weiter“

■ Rathaus-Staatsrat Hoffmann will statt 832 nur 400 Stellen pro Jahr abbauen

„Das ist noch nicht die Entscheidung über den Solidarpakt, aber ein entscheidender Schritt vorwärts“, mit diesen optimistischen Worten trat der Chef der Senatskanzlei, Prof. Reinhard Hoffmann, gestern vor die Presse. Am Abend vorher hatten sich die Gewerkschaftsvertreter von ÖTV, GEW, GdP und DAG auf „Eckpunkte einer Beschäftigungsinitiative im bremischen Öffentlichen Dienst“ geeinigt, versicherte Hoffmann. Das Wort „Solidarpakt“ kommt in dem 14-Punkte-Papier, das auf eine Vorlage der Gewerkschaften zurückgeht, nicht mehr vor, obwohl es nach Hoffmanns Verständnis der hinreichend „emotional besetzte Begriff“ ist, der bezeichnet, worum es geht: Bremens Beschäftigte sollen solidarisch sein mit der Ebbe in den öffentlichen Kassen.

Eben das wollen aber die Gewerkschaften ihren Mitgliedern nicht zumuten. Sie wollen nur auf die 1996 anstehenden Lohnerhöhungen verzichten, wenn damit Arbeitsplätze gesichert werden. Deswegen konnten sich die Gesprächspartner auch in der wesentlichen Frage nicht einigen: „Ausgangspunkt sind ... nach Auffassung der Gewerkschaften die Personalkosten 1995 plus Tarifergebnis Öffentlicher Dienst 1996“, steht in dem nun gemeinsam vorgetragenen Papier. Lange hätten die Gewerkschaftsvertreter darum gerungen, daß diese Position nicht nur „nach Auffassung der Gewerkschaften“, sondern auch als Auffassung des Senats festgehalten wird, berichtete Hoffmann. Wurde sie aber nicht: Der Senat geht davon aus, daß 400 von den insgesamt 28.000 Stellen des Öffentlichen Dienstes jedes Jahr auf jeden Fall abgebaut werden müssen. Wenn die Gewerkschaften auf die demnächst bundesweit auszuhandelnden Tariferhöhungen verzichten – es geht um ca. 30 Millionen Mark – dann ist der Senat bereit, auf die weitere Streichung von 432 Stellen in 1996 zu verzichten, bietet das Rathaus an. 1997 muß dann erneut verhandelt werden. So klar allerdings stehen diese Zahlen in dem Papier alerdings nicht drin.

„Ziel der Gewerkschaften ist es, „daß überhaupt kein Arbeitsplatz abgebaut wird“, versichert ÖTV-Verhandlungsführer Jan Kahmann. Sicherung der Mitbestimmung, Teilzeitoffensive, mehr Ausbildungsplätze, absoluter Schutz vor Kündigung, maximale Personalvertretungsrechte trotz Bundesverfassungsgerichts-Urteil – alle diese gewerkschaftlichen Forderungen will der Senat anerkennen, wenn die Gewerkschaften bei der Arbeitsplatz-Frage nachgeben.

Erstaunlicherweise fehlt noch ein Punkt in dem nun beschlossenen Positionspapier: Nicht mehr die Rede ist von Arbeitszeitverkürzung als Ausgleich für den Verzicht auf tarifliche Lohnerhöhung. Dies sei aber dadurch „nicht ausgeschlossen“, versichert ÖTV-Mann Kahmann. Daß der Punkt auch im Entwurf der Gewerkschaften fehlte, dafür gebe es keine Erklärung.

Die DAG-Bezirksvorsitzende Brigitte Dreyer, die vor wenigen Tagen öffentlich erklärt hatte, für sie sei mit den 900-Millionen-Beschlüssen des Senats zum Hemelinger Tunnel etc. das Thema „Solidarpakt“ erledigt, war bei den letzten politischen Vorgesprächen nicht mehr dabei: für den DAG-Bezirk Hannover waren die Gespräche nicht erledigt, er schickte andere DAG-Vertreter. Dreyer kämpft in ihrer Gewerkschaft nun um die Mehrheit für ihre Position. K.W.

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