■ Die EU sollte Serbien-Montenegro noch nicht anerkennen: Keine Fehler wiederholen
Die jetzt von Belgrad erklärte Bereitschaft zur Anerkennung Makedoniens ist natürlich zu begrüßen. Wobei diese Erklärung nicht zufällig jetzt gemacht wurde. Vor wenigen Tagen hatte der neue griechische Premierminister Simitis angekündigt, daß er als eine seiner ersten Amtshandlungen die bisherige nationalistische Linie der Pasok-Regierung in der Makedonienfrage korrigieren werde. Doch auch wenn die noch offenen Details zwischen Belgrad und Skopje geklärt sind und Milošević die Anerkennung der südlichen Nachbarrepublik ohne Einschränkungen tatsächlich vollzieht – dies allein ist noch kein Grund für die Europäische Union, ihrerseits Serbien-Montenegro anzuerkennen. Hierauf drängen vor allem Großbritannien und Frankreich.
Die Anerkennung sollte erst dann erfolgen, wenn das Milošević-Regime eine Reihe anderer Bedingungen erfüllt hat. An erster Stelle steht hier die vorbehaltlose und uneingeschränkte Anerkennung auch der drei anderen exjugoslawischen Republiken Slowenien, Bosnien und Kroatien. Weitere Bedingungen wären eine einvernehmliche Regelung der Nachfolge des ehemaligen Jugoslawien sowie des noch ausstehenden Territorialkonflikts mit Kroatien um die Halbinsel Prevlaka; eine Autonomieregelung für den Kosovo sowie die umfassende Kooperation mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Auch alle anderen Verpflichtungen aus dem Dayton-Abkommen müßten erfüllt werden.
Entgegen weitverbreiteter Annahme steht die Anerkennung Bosniens und Kroatiens durch Belgrad auch nach Miloševićs Unterschrift unter das Dayton- Abkommen weiterhin aus. Ursprünglich war die Anerkennung dieser beiden Republiken durch Milošević die Vorbedingung der Kontaktgruppe (USA, Rußland, Großbritannien, Frankreich, Deutschland) für die inzwischen vollzogene Aufhebung der UNO- Wirtschaftssanktionen gegen Serbien-Montenegro. Ohne Not ließ die Kontaktgruppe diese Forderung fallen und gab damit ein Druckmittel aus der Hand. Diesen Fehler darf die EU nicht wiederholen. Belgrad soll damit nicht bestraft werden. Aber alle Streitfragen zwischen den exjugoslawischen Republiken, die nicht vor einer Anerkennung Serbien-Montenegros beigelegt werden, wären danach noch viel schwerer zu lösen. Andreas Zumach, Genf
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