: „Meine Schwäche ist, Sinn und Mythos zu suchen“
■ Interview mit Volker Hassemer (52), Exsenator und künftiger Geschäftsführer der Imagepfleger „Partner für Berlin“: Aufdecken, was Berlin vermag und ausmacht
Volker Hassemer (CDU), 1981–83 Umweltsenator, 1983–89 Kultursenator und seit 1991 Stadtentwicklungssenator, wird ab März Geschäftsführer von „Partner für Berlin“.
taz: Ihren Abschied als Senator haben Sie lange vorher angekündigt. Daß Sie nun Geschäftsführer eines vergleichweise kleinen Unternehmens werden, hat kaum jemand erwartet.
Volker Hassemer: Entscheidend war, daß ich innerlich überzeugt bin von Berlin und den Möglichkeiten der Stadt. Wir müssen in den nächsten Jahren diese Möglichkeiten profilierter darstellen und offensiver verbreiten. Es gibt ein Interesse für Berlin. Wir müssen aber deutlich machen, was heute Berlin ausmacht.
Diese Aufgabe kann man doch als Senator besser betreiben denn als Geschäftsführer eines Unternehmens, das bislang vor allem negative Schlagzeilen produzierte.
Das kann ich nicht beurteilen. Bei einem Senator geht es um Einzelteile, bei mir geht es um das Ganze der Stadt und das bei einem Thema, das im Augenblick besonders wichtig ist. Es geht nicht um Kategorien wie Marketing und Verkaufen. Ich fühle mich auch nicht als Geschäftsführer, sondern ich habe aufzutreten als „Partner für Berlin“. Ich habe den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als gut über die Stadt zu reden und mir selbst bewußt zu werden, warum ich so überzeugt bin von der Stadt und das auch anderen mitzuteilen.
Sie waren in der Vergangenheit als Kultursenator auch Manager von Großereignissen mit großer Außenwirkung, wie der 750-Jahr- Feier 1987 oder bei den Verstaltungen als „Kulturhauptstadt Europa“ 1988. Wollen sie wieder zu den großen events zurück?
Mein Ziel war bereits damals, aufzudecken, was Berlin vermag und was Berlin ist – also kein Zudecken mit events, sondern ein Verstärken und Aufdecken. So stelle ich mir das auch wieder vor. Große Veranstaltungen – nicht als Ersatz für Stadt, sondern große Veranstaltungen als Verstärkeranlage für das, was die Stadt ausmacht und was hier stark ist, wie beispielsweise der Musikbereich.
Braucht es dafür eine neue Konstruktion für „Partner für Berlin“?
Bei „Partner für Berlin“ ist es das erste Mal, daß große Unternehmen, also große Bürger der Stadt, sich nicht nur als Stadtbenutzer fühlen, sondern als Träger der Stadtgesellschaft mit besonderer Verantwortung. Im Aufsichtsrat sitzen eben nicht fünf Senatoren und zwei Staatsekretäre, sondern der Aufsichtsrat ist ein Spiegelbild großer Unternehmungen der Stadt. Was sich daraus ergibt, das muß ich sehen. Ich gehe lernend hin und werde mich sehr genau umschauen. Aber die Startvoraussetzungen halte ich für sehr gut.
Mancher nennt sie spöttisch den „Großen Sinnstifter“ der Stadt.
So würde ich das nicht sagen. Aber meine Schäche ist, Sinn und Mythos zu formulieren oder zu erfragen. Ich stifte gar nichts. Ich spüre höchstens nach. Einfach ausgedrückt: Ich frage mich selbst, warum ich mich in Berlin am richtigen Ort finde. Dabei komme ich auf die Sinn- und Wertequalität dieser Stadt. Daß ich jetzt den ganzen Tag nichts anderes zu tun habe, als darüber selbst und mit anderen nachzudenken und das auszudrücken, ist der Grund, warum ich das tue.
Ist es sinnvoll, die vier unabhängig voneinander arbeitenden Berliner Marketingesellschaften miteinander zu verkoppeln?
In den letzten zwanzig Jahren habe ich mich mit ökologischen Prinzipien beschäftigt. Seitdem bin ich außerordentlich skeptisch gegenüber großen und hierarchischen Apparaten. Ich sehe aber durchaus einen Bedarf, sich kooperierend zu helfen und zu ergänzen, stärker voneinander zu lernen und die Arbeitsteilung zu profilieren. Interview: Gerd Nowakowski
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen