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Konfrontiert mit den Super-SCHLAUs

■ betr.: „Die Angst vor dem Super- DAU“, taz vom 18. 1. 96

[...] Herr Grönling, aus Ihrem Artikel wird deutlich: Sie wollen nicht belästigt werden. Kann ich gut verstehen, hätte ich auch keine Lust darauf. Wer stellt schon gerne nachts um drei Ferndiagnosen und spielt Hotline für irgendwelche Leute, die sonst nie anrufen? Ist schon ein Problem, vor allem wenn man nie ein soziales Verhalten gelernt hat, das es möglich macht, auf nette Art nein zu sagen. Nur: Das ist Ihr Problem, und wenn es auf Ihrer Skala der Katastrophen tatsächlich die Dimension eines Super-GAUs angenommen hat, würde ich Ihnen empfehlen, sich professionelle Hilfe zu suchen.

Ich mag auch nicht belästigt werden: von jungen, weißen Männern, die mit ihrem Computer und ihrem Modem umgehen können und deren Horizont genau da endet. Herr Grönling, können Sie sich vorstellen, daß es immer noch Leute gibt, beruflich und gesellschaftlich erfolgreich, intelligent und kultiviert, die Modems nur aus dem Kino kennen? Nein, können Sie wahrscheinlich nicht, das kommt in Ihrer kleinen Welt nicht vor. Folglich sind für Sie all diejenigen, die auf das „Marketing-Märchen Plug & Play“ reingefallen sind, schlicht und ergreifend dumm. Zu dumm sogar, die FAQs zu lesen (nicht etwas, daß Sie uns verraten, wie man an die rankommt), so dumm, daß Sie sogar Begriffe wie „Internet“ und „einloggen“ in den Mund nehmen, obwohl Sie doch keine Ahnung davon haben, ha, ha!, Herr Grönling, ist Ihnen eigentlich bewußt, daß das eine Unverschämtheit ist und gar nicht besonders komisch?

Seit das Thema Internet regelmäßig in der taz behandelt wird, wurde immer wieder die angebliche Freiheit und Demokratie dieses Mediums problematisiert und in Frage gestellt. Junge, weiße Männer sind die Hauptbenutzer, wen hätte das überrascht. Das heißt, wenn ich mir ein Modem zulege, bin ich automatisch wieder mit ihnen konfrontiert, den Dieter Grönlings, dieser Welt, den Super- SCHLAUs, ihrer Borniertheit, ihrer sozialen Unfähigkeit, ihrer Arroganz. Vielleicht überlege ich mir das mit dem Modem noch einmal. Monika Keller, Berlin

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