: Spurensuche
■ betr.: „Kaiser-Wilhelm-Stadt“ (Baupolitisches Rollback), taz vom 25.1. 96
Brennend interessiert mich, wohin Herr Rada geht, wenn er London, Prag, Warschau, Paris, St. Petersburg oder Dresden besucht. Mit Sicherheit begibt er sich auf Spurensuche der Stadtgeschichte, bewundert das neue alte Warschau, das neue alte St. Petersburg und sitzt im Sommer in Berlin bestimmt nicht in einem High-Tech- Café, sondern am Käthe-Kollwitz- Platz oder ähnlichen Plätzen. Vielleicht nennt er sogar eine schöne Berliner Altbauwohnung mit Holzdielen und Stuckdecken sein eigen, die heute der Renner bei jungen Leuten ist. Selbst Berlins Haus- und Hofarchitekt Prof. Kleihus wohnt im Wasserschloß!
Was hat das alles mit Kaiserturm und Disneyland zu tun? Wenn Berlins kleine Stadtmitte vom Brandenburger Tor bis zum Berliner Dom mit Museumsinsel und Spreeinsel vor einer kalten, monotonen und von Investoren bestimmten Architektur beschützt wird, kann es der Stadt nur gut tun, einen einigermaßen vollständigen historischen Stadtbereich zu haben, denn die zukunftsweisende Architektur entsteht am Potsdamer Platz, im Spreebogen, am Zoofenster, in der Friedrichstraße, und es wird sich zeigen, ob die Menschen die Philosophie der Gebäude kennen, denn ohne diese Kenntnis entdeckt man wenig Schönheit an den rechteckigen Betonklötzen mit vorgehängter Plattenfassade. Margitta Rodtmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen