piwik no script img

Handel vor Menschenrecht

Brüssel (taz) – Es war ein wenig spät: Erst, als das vorläufige Handelsabkommen zwischen Rußland und der EU gestern in Kraft trat, beschlossen die Abgeordneten des Europäischen Parlamentes einstimmig, dagegen zu protestieren, daß sie nicht beteiligt worden waren. „Da sollte wohl verhindert werden, daß wir zu sehr über die Menschenrechtsfrage diskutieren“, argwöhnte die grüne Abgeordnete Elisabeth Schröedter. Auch ihr CDU- Kollege Peter Kittelmann war beleidigt: „Beim gleichlautenden Abkommen mit der Ukraine hat man uns doch auch angehört.“

Eine Zustimmung des Parlaments wäre allerdings ohnehin nicht erforderlich gewesen, da es sich nur um ein Handelsabkommen handelt. Noch vor einem Jahr allerdings war das Abkommen von der EU auf die lange Bank geschoben worden, um gegen die blutige Tschetschenienpolitik Boris Jelzins zu protestieren. Als sich die Lage im Sommer beruhigte, wurde das Abkommen im Schnelldurchlauf doch unterzeichnet. Es enthält zwar eine sogenannte „Menschenrechtsklausel“, doch welche konkreten Konsequenzen die EU im Ernstfall ziehen müßte, ist völlig unklar.

Die EU ist mit einem Anteil von 37 Prozent der größte Handelspartner Rußlands. China (6 Prozent), die USA (4 Prozent) und Japan (3 Prozent) folgen erst weit nach den übrigen GUS-Staaten (24 Prozent). Das Handelsabkommen sieht Zollsenkungen in zahlreichen Bereichen vor, wobei die russischen Zölle bisher deutlich höher lagen als die der EU. Kein Wunder, daß Rußland einen Handelsüberschuß von rund 8 Milliarden Mark einfahren konnte. Christian Rath

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen