■ Das Portrait
: Gewerkschaftler

Kämpft auch aus dem Exil: Han Dongfang Foto: Reuter

Richtig zornig werden kann Chinas Regierung immer dann, wenn ihre KritikerInnen sich auf ihre verfassungsmäßigen Rechte berufen. In ihren Augen zählt der 32jährige Han Dongfang zu den besonders unerträglichen Dissidenten, seitdem er 1989 die erste unabhängige Gewerkschaft gründete, die „Autonome Pekinger Arbeitervereinigung“.

Han, der seit 1983 bei der Eisenbahn arbeitete, trat in jenem heißen Frühling von 1989 als Sprecher der autonomen Gewerkschaft auf. Während die StudentInnen vor allem gegen Korruption und Willkür der Funktionäre protestierten, sammelten sich um Han und seine KollegInnen immer mehr unzufriedene ArbeiterInnen. Nach eigenen Angaben waren es bald viele tausend Mitglieder.

Nach dem 4. Juni 1989 stand Han ganz oben auf der Liste der gesuchten Dissidenten. Nach seiner Festnahme wurde er tage- und nächtelang verhört. Als er sich weigerte, „konterrevolutionäre Aktivitäten“ zu gestehen, wurde er gefoltert. Nach fast zwei Jahren erkrankte er so schwer an Tuberkulose, daß die Behörden fürchteten, er könne im Gefängnis sterben. Auf internationalen Druck hin wurde er schließlich im April 1991 freigelassen. Ein Anklage vor Gericht gab es nie – was die Staatsanwaltschaft nicht daran hinderte, ihn für schuldig zu erklären.

Han forderte die Führung weiterhin heraus: Er beantragte bei den Behörden immer wieder, freie Gewerkschaften gründen zu dürfen. 1992 schließlich erließ die Regierung ein neues Gewerkschaftsgesetz. Es schloß nun, und das war neu, explizit die Gründung neuer Arbeitervertretungen außerhalb der einen Zentralgewerkschaft aus.

Im gleichen Jahr erhielt Han die Erlaubnis, gemeinsam mit seiner Frau zur medizinischen Behandlung in die USA zu reisen, wo ihm ein Lungenflügel entfernt wurde. Als Han 1993 versuchte, von Hongkong über Kanton in seine Heimat zurückzukehren, machten die Behörden kurzen Prozeß. Sie verfrachteten den widerstrebenden Han zurück über die Grenze nach Hongkong und bürgerten ihn bald darauf aus.

Seitdem lebt Han in der – noch – britischen Kolonie und gibt ein dissidentes Gewerkschaftsbulletin über die Lage in China heraus. Für sein unbeirrtes Engagement für die Rechte der ArbeiterInnen in China nahm Han Dongfang gestern in Bremen den Solidaritätspreis der Stadt entgegen. Jutta Lietsch