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Zutritt verboten

■ Verdächtig qua Haar- und Hautfarbe: Protest gegen Polizei-Rassismus und Platzverweise

„Wir leben hier – Wir benutzen auch den Hauptbahnhof!“ Doch immer häufiger werden kurdische oder schwarze Passanten am Bahnhof aufgegriffen, weil sie sich angeblich des Drogendealens verdächtig gemacht haben. Am Samstag protestierten Mitglieder des Volkshauses vor dem Postamt im Hauptbahnhof gegen die Platzverweise und die Mißhandlung ihres Freundes Ferman K. Der 30jährige Handwerker hatte vor dem Eingang der Post auf seinen Freund gewartet, um mit ihm zusammen zur Arbeit zu gehen, als die Polizei ihn als Drogenhändler ausmachte, gewaltsam zur Wache 11 brachte und dort nach Aussagen von Ferman K. mißhandelte (taz vom Wochenende). Das Verhalten der Polizisten „ist das Produkt der staatlichen Ausgrenzung und Herabsetzung von Ausländern“ und nicht das Fehlverhalten einzelner, so die VeranstalterInnen.

Der private Wachdienst des Bahnhofs versuchte, die Protestaktion zu stören, hinderte Kameraleute gewaltsam am Filmen und wollte die Versammelten aus der Bahnhofshalle drängen. Erst bei Eintreffen der Polizei zogen sich die Wachmänner zurück. „Das Versammlungsrecht hat hier Vorrang vor dem Hausrecht“, so der neue Revierleiter des Kirchenallee-Reviers Torsten Seeland zur taz, der höchstselbst mit seinen Mannen vor Ort erschien. Er bestritt die Mißhandlungsvorwürfe gegen die Polizisten. Man habe Ferman K. in einer Gruppe aus dem Drogenmilieu angetroffen. Dem daraufhin erteilten Platzverweis sei er nicht nachgekommen und hätte die Beamten mit einem Bleistift bedroht.

„Keine Begründung“ sei ihm während der gesamten Zeit gegeben worden, betont hingegen Ferman K. Man habe zunächst nicht einmal seine Papiere kontrolliert, ihn nur oberflächlich durchsucht, aber geschlagen, ihm den Dolmetscher verweigert und ihn nicht auf die Toilette gelassen. Der Haftrichter bestätigte die angeblichen Verdachtsmomente nicht: Ferman K. konnte gehen. „Heute verbietet ihr uns den Bahnhof – Wann werdet ihr uns ins Ghetto sperren?“, fragten sich die empörten ProtestlerInnen.

Ferman K. ist kein Einzelfall: Wegen angeblichen Dealens wurde ausgerechnet ein Zeuge des Tribunals gegen Hamburger Flüchtlingspolitik, der 17jährige Liberianer Michel D., am vergangenen Donnerstag am Bahnhof Altona aufgegriffen. Er wehrte sich dagegen, als einziger und offenbar nur aufgrund seiner Hautfarbe kontrolliert zu werden. „Das ist Rassismus“, habe er gesagt und sei daraufhin mit Polizeigriff abgeführt und später in der Sammelzelle geschlagen worden. Ein anderes Mitglied des Tribunals beobachtete die Ingewahrsamnahme und holte ein Anwältin zu Hilfe. Beide verschafften sich schließlich Einlaß in die Räume der Bahnpolizei. Dort fanden sie den „verstörten“ und weinenden 17jährigen vor, der „einen erniedrigten und tief verletzten Eindruck“ machte. Silke Mertins

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