: Wonderbra-Eva mit Tupperware-Schüssel Von Ralf Sotscheck
Dublin ist seit Samstag Weltstadt: Die Supermodels waren zum ersten Mal hier. Schon seit Wochen fieberte die Stadt auf Naomi Campbell, Christy Turlington, Yasmin Le Bon, Eva Herzigova und Helena Christensen. Nur die Irish Times moserte, daß die Supergirls zur Bürde geworden seien: „Niemand guckt mehr auf die Kleidung, sondern nur noch auf die Mädels.“ Deshalb gehe ihre Ära nun zu Ende. „Die Dubliner Show war das letzte Hurra.“
Aber ein Hurra mit allem drum und dran. Die Show aus dem Point, einem umgebauten Lagerhaus am Hafen, wurde live im Fernsehen übertragen. Moderator Pat Kenny, mit Pomade im Haar und der Ausstrahlung eines Gebrauchtwagenhändlers, hatte sich eine Reihe prominenter Gäste zur Hilfe geholt, um die irischen Designer vorzustellen. Zuerst kamen Boyzone, fünf geklonte Dubliner Jungs im Schlabberlook, und die Teenies in der Halle quietschten vor Verlangen. Später modellierten die schnieken Knaben ein paar Strickwaren, doch bevor man einen Blick darauf werfen konnte, hatten Boyzone sie sich schon vom Leib gerissen und standen in Unterhosen da. Voll lustig. Aber es kam noch besser: Robbie Williams, der im vergangenen Jahr von Take That hinausgeworfen worden war, hätte es fast gar nicht bis zur Bühne geschafft, weil ihm zwei Fünfzehnjährige unterwegs Beine stellten und ihn unter die Klappstühle zerren wollten. Leider konnte er entkommen und verkündete vom Laufsteg, daß er so gerne Ire wäre.
Eva Herzigova findet die Iren auch toll. Sie habe vormittags völlig unbehelligt einkaufen können, bemerkte sie erstaunt. Vielleicht hat man sie ohne Wonderbra gar nicht erkannt? Anlaß für die Modenschau war der Umzug des Dubliner Edelkaufhauses Brown Thomas von einer Straßenseite auf die andere. Die Supermädels und ihre 20 irischen Kolleginnen hatten auf die Gage zugunsten der Kinder in Bosnien und Tschernobyl verzichtet. Die Veranstalterin Catherine Condell sagte gerührt: „Auch Supermodels haben manchmal ein weiches Herz.“ Und Designer einen weichen Keks. Hutmodeschöpfer Philip Treacy setzte den Frauen Federn, Lampenschirme, Spinnennetze, zwei Meter lange Plastikbeutel, Tupperware-Schüsseln und ein Schiff auf den Kopf.
Woran erkennt man ein Supermodel, fragte sich das Publikum. „An der Haltung und am intelligenten Gesichtsausdruck“, behauptete Kenny. Wohl eher am Gang: Während die irischen Modelle im Affenzahn über den Laufsteg flitzten, schwebten die Supergirls wie Luftkissenfahrzeuge in den Saal. Zum Beispiel Naomi Campbell in einem Hochzeitskleid, bei dem irgendwie das Oberteil fehlte. Jeder irische Pfaffe würde bei der Trauung glatt in Ohnmacht fallen. Bei ihrem Abgang warf Campbell den Brautstrauß ins Publikum, verfehlte den U 2-Bassisten Adam Clayton jedoch knapp. Vor ein paar Jahren waren die beiden mal verlobt. Sänger Bono war auch da. Er hatte sich offenbar die Sonnenbrille wegoperieren lassen und blinzelte noch etwas lichtscheu in die Gegend.
Und dann sagte der Moderator zum Designer: „Es muß ein tolles Gefühl sein, wenn Naomi deine Klamotten trägt.“ Ich weiß nicht. Sie sieht in ihren eigenen Klamotten wahrscheinlich besser aus als in meinen ausgebeulten Jeans und dem alten Pullover.
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