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Revolte im Ghetto-Land

■ Guineas Regierung sagt meuternden Soldaten Nachzahlung des Soldes zu

Conakry/Nairobi (AP/dpa) – „Ich bin noch an der Macht, im Augenblick jedenfalls. Wir werden sehen, was uns der nächste Tag bringt.“ Mit diesen Worten meldete sich der Präsident Guineas, Lansana Conté, in der Nacht zum Samstag aus seinem Versteck in einem Bunker, als meuternde Soldaten seinen Palast umstellten, beschossen und stürmten. Anders als seine Amtskollegen in den ebenfalls westafrikanischen Ländern Sierra Leone und Niger, die im Januar von putschenden Offizieren gestürzt wurden, hatte Conté jedoch Glück. Die unorganisierten Meuterer interessierten sich mehr für ihren ausstehenden Sold als für die Macht. Sie plünderten lieber Geschäfte und trugen aus dem Präsidentenpalast Teppiche und Sessel davon. Und so war Conté am nächsten Tag noch an der Macht.

Die zweitägige Militärrevolte wurde offenbar durch Verhandlungen beendet. Dem staatlichen Rundfunk zufolge befahl Conté den Revoltierenden, in die Kasernen zurückzukehren. Im Gegenzug verpflichtete sich die Regierung, den Sold nachzuzahlen. Die rebellierenden Soldaten hatten außer ihrem Geld auch die Entlassung von Verteidigungsminister Oberst Abdourahmane Diallo verlangt, dem sie Verzögerungen der Soldzahlungen und bei Beförderungen vorwarfen. Conté hatte den Minister am Freitag abend entlassen. Bei den Kämpfen wurden seit Freitag mindestens 20 Menschen getötet und 70 verletzt.

Guinea ist nicht nur eines der ärmsten Länder der Erde, sondern auch seit Jahrzehnten von der Umgebung isoliert. Die Kolonialmacht Frankreich hatte fast alle Brücken abgebrochen, als Guinea es 1958 als einzige Kolonie gewagt hatte, das Angebot einer franko- afrikanischen Gemeinschaft abzulehnen und sich für die Unabhängigkeit zu entscheiden. Die anschließende 26jährige Diktatur unter Sekou Touré verstärkte noch die Isolation. Innenminister Alseny René Gomez bezeichnete Guinea kürzlich als ein „Ghetto- Land“ und der Autor Williams Sassine meinte: „Es ist so, als wären alle Flugzeuge vor langer Zeit abgeflogen. Wir sind zurückgeblieben und verfaulen allmählich.“

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