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Transrapid-Debatte beschleunigt

■ Umweltorganisation Robin Wood legt Gutachten vor. Bonner Entwurf für Magnetschwebebahn verfassungswidrig?

Der Streit um die geplante Magnetschwebebahn Transrapid zwischen Berlin und Hamburg spitzt sich zu. Die Umweltorganisation Robin Wood legte gestern ein Gutachten vor, wonach der Entwurf der Bonner Koalition für das Transrapid-Bedarfsgesetz verfassungswidrig sein soll.

Die Organisation stellte das Rechtsgutachten des Hamburger Anwaltes Michael Günther in Bremen vor. Danach läßt der Gesetzentwurf für Privateigentümer, durch deren Grundstücke die geplante Transrapidtrasse verlaufen soll, keine Einspruchsmöglichkeit zu. Die Enteignung der Eigentümer sei im Vorfeld beschlossen gewesen. „Und das ist verfassungswidrig“, sagte eine Sprecherin.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands, Rudi Schäfer, forderte die Bundesregierung auf, ihre Transrapid-Pläne sofort aufzugeben. Verkehrspolitisch sinnvoller als die Magnetbahn seien der Ausbau und die Modernisierung der Bahnstrecke Hamburg–Berlin. Im Vergleich mit dem neuen ICE2 sei der Transrapid nicht einmal 15 Minuten schneller. Die veranschlagten Kosten von insgesamt 8,9 Milliarden Mark sind nach Darstellung des Vorsitzenden des Bundestags- Verkehrsausschusses, Dionys Jobst (CSU), „nicht zu halten“. Die Summe steige, „auch weil in Berlin die Magnetbahn in das Stadtzentrum eingeführt wird“, sagte Jobst im Saarländischen Rundfunk. Damit die Kosten nicht explodieren, müsse es verläßliche Schätzungen über das Verkehrsaufkommen geben. Ferner müßten Investitionskosten und spätere Betriebskosten in Grenzen gehalten werden. Der Verkehrsausschuß habe dazu in der nächsten Woche eine Expertenanhörung angesetzt, kündigte Jobst an. Er verteidigte die Entscheidung für den Transrapid. Wer für Umweltschutz sei, müsse ein neues Verkehrsmittel anbieten. Die neue Technologie biete auch Exportchancen.

Die im Jahre 1993 veranschlagten Kosten für die Magnetbahnstrecke Berlin–Hamburg von 8,9 Milliarden Mark könnten sich nach Angaben der Thyssen Industrie bis zur Verwirklichung des Projekts im Jahr 2005 auf 12,25 Milliarden Mark erhöhen. Dies seien jedoch keine echten Mehrkosten wegen Abweichungen von der Planung, sondern inflationsbedingte Preissteigerungen, sagte Firmenchef Eckhard Rohkamm gestern in Essen. Erst nach einer Entscheidung über die Trasse, die zur Jahreswende 1996/97 erwartet werde, könne eine genaue Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Transrapid-Projekt vorlegt werden. „Wir werden nicht sehenden Auges eine Investition vornehmen, von der wir annehmen müssen, daß sie Not leiden wird“, sagte der Thyssen Industrie-Chef. dpa

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