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Umzugszirkus „völlig absurd“

■ Super-Senatorinnen-Umzug kostet 130.000 Mark

In diversen Abteilungen der Umwelt- und Gesundheitsbehörde stehen in diesen Tagen die Gänge voll Umzugskisten, die Akten ruhen. „Umzugszirkus“ nennen die MitarbeiterInnen scherzhaft den Vorgang. Einige aus dem 3. Stock im Dienstgebäude Birkenstraße ziehen in den 4. Stock, einige aus dem 4. Stock in den 5. Stock. Die Naturschutzabteilung, die 1987 in das Dienstgebäude Große Weidestraße eingezogen ist und dann 1991 in die Birkenstraße umzog, zieht wieder in die Große Weidestraße zurück. „Völlig absurd“, schimpft die Grüne Elisabeth Hackstein. 100 Personen sind von dem Umzugszirkus betroffen. Wer sie nach dem Sinn der Operation fragt, blickt in zu Fragezeichen verzogenen Gesichtern. Ihnen wurde offenbar nie schlüssig erklärt, was das soll. „Vielleicht wollte die Senatorin auch den Blick auf die Mühle haben“, scherzt ein Umzugs-Opfer sarkastisch. Tatsächlich ist der Blick aus dem neuen Senatorinnen-Zimmer in der Birkenstraße auf die Wallanlagen und auf die Mühle erheblich schöner als der Blick aus dem alten Dienstzimmer. Diese Lage sollen auch die beiden Staatsräte der Senatorin, Logemann und Hoppensack, genießen. Logemann ist damit weg von der Umweltbehörde, Hoppensack weg aus dem Tivoli-Haus der Sozialbehörde. „Ein Staatsrat muß bei seinen Abteilungen sitzen“, kritisiert Hackstein das Umzugskonzept. Die Senatorin Wischer aber will, daß die Staatsräte nahe bei ihr sitzen.

30.000 Mark hat die Deputation gegen die Stimmen von Grünen und AfB für den Umzug bewilligt. In Wirklichkeit kostet er hunderttausend Mark mehr, wenn man alle tatsächlich anfallenden Kosten auflisten würde. Dazuzählen müßte man noch die „Kosten“ für Arbeitsausfall und für den Motivationsverlust, aber sowas berechnet in einer Behörde niemand.

Während Pressesprecher und der persönliche Referent der Senatorin gestern selbst Farbe kauften, um ihre neuen Räume frisch und schön zu streichen, haben die MitarbeiterInnen kein derartiges Engagement. „Ich bin seit 1991 im Dienst und seitdem viermal umgezogen. Was weiß ich, ob ich nächstes Jahr noch hier sitze“, erklärt ein Umzugs-Opfer und blickt resigniert auf die Dübellöcher auf der gelblich angeschmuddelten Rauhfaser-Tapete, die ihre Vorgängerin beim Auszug hinterlassen hat. K.W.

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