: Apfel in grellem Sonnenlicht
Kampf der Computer-Giganten: Die US-Firma Sun will den angeschlagenen PC—Hersteller Apple schlucken. Der wehrt sich ■ Aus San Francisco Ingo Malcher
Wenn Scott McNeally mit einem seiner Topmanager etwas Dringendes zu besprechen hat, geht der Chef der erfolgreichen US-Computerfirma Sun Microsystems vorzugsweise zu Chevrolet - einem mexikanischen Fast-Food- Restaurant. Ein Mittagessen für zwei Personen kostet dort nur zehn Dollar. Auch sonst ist McNeally eher knausrig. In seinen Bürogebäuden im kalifornischen Ort Mountain View hängen keine Kunstwerke an den Wänden, und die bestbezahlten Angestellten werden nicht in firmeneigenen Limousinen nach Hause gefahren. McNeally, so sagt man im Silicon Valley, haßt es, zuviel Geld auszugeben.
Dieser Devise folgt er auch in den Verhandlungen mit Apple. Sun will den gebeutelten Computerhersteller aufkaufen, aber bislang war der Preis ein Problem. Ursprünglich bot McNeally lediglich 23 Dollar pro Apple-Aktie. Der inzwischen gefeuerte Apple-Chef Michael Spindler dachte hingegen an 33 Dollar. Offiziell wurden die Verhandlungen für gescheitert erklärt. Hinter verschlossenen Türen setzte man sie allerdings fort. Gerade meldete dieNew York Times, Sun und Apple ständen kurz vor einem Deal. Sun sei auf 27 Dollar pro Aktie hochgegangen und habe sich damit einem realistischen Preis zumindestens angenähert. Mittlerweile sinken die Chancen von Sun jedoch wieder, denn nach dem Abgang des Ex-Chefs stieg der Apple-Aktienkurs an der New Yorker Börse am Montag auf knapp 30 Dollar.
Gegen die Übernahme durch Sun spricht auch, daß die Apple- Aktionäre den Computer-Manager Gilbert F. Amelio als Firmen- Retter eingekauft haben. Amelio, der bereits den US-Chiphersteller National Semiconductor vor dem Konkurs rettete, soll jetzt Apple wieder in die Gewinnzone bringen. Im ersten Quartal mußte das Unternehmen 69 Millionen Dollar Verlust ausweisen, weil unter anderem Lieferschwierigkeiten bei Ersatzteilen den Verkauf größerer Computerstückzahlen verhinderten.
Doch trotz Einstellung des Sanierers wird Sun-Chef McNeally nicht aufgeben. Der erfolgsgewohnte Mann hat den Wert der Sun-Aktie seit 1994 verdreifacht. Auf dem Gebiet der Computernetzwerke leistet das Unternehmen Pionierarbeit. „Das Netzwerk ist der Computer“, lautet die Marketing-Strategie. So gilt das Internet Sun-Chef McNeally als die Dritte Generation von Computern. Fast 35 Prozent aller Internet- Server, so schätzt die Business Week, kommen aus dem Hause Sun. Zusätzlich entwickelte Sun die neue Internetsofware Java, die auf allen Betriebssystemen läuft und sich als Verkaufsschlager erweist.
McNeally liebt seine 80-Stunden-Woche und bedauert es, „soviel schlafen zu müssen.“ Außer Arbeit fällt ihm nichts Sinnvolles ein. Als Hobbys gibt der Workaholic „Sun, Hockey, Golf, Sun“ an. Sein Motto lautet: „Kick butt and have fun“ — „Trete dir in den Hintern und habe Spaß dabei“.
Als Lieblingsessen nennt McNeally Pizza mit viel Käse. Apple würde dem Mann mit dem Knabengesicht auch ganz gut schmecken. Falls er Apple, den Hersteller der Macintosh-PCs, kauft, wäre Sun ein neuer Computergigant. Von Rechnern für den Hausgebrauch bis zu großen Netzwerkanlagen könnte der neue Marktriese dann eine breite Produktpalette anbieten. Vor allem in Internetbereich stiege Sun nach der Hochzeit zur dominanten Firma auf. Denn der Apple-Macintosh gilt als bevorzugter Rechner für die Entwicklung von Internet-Software. Auch die neuen Internet-Server von Apple sind überraschend erfolgreich. Sun dagegen hat sich zum Marktführer für Internet-Server hochgearbeitet, die mit dem Betriebssystem Unix laufen.
Suns wichtigster Grund für die Fusion aber ist der Aufbau einer digitalen Front gegen die Konkurrenz von Bill Gates' marktbeherrschendem Software-Unternehmen Microsoft. Gemeinsam könnten Sun und Apple dem Giganten im Software-Bereich Paroli bieten.
Mit einem Kauf von Apple kann McNeally allerdings auch leicht in den sauren Apfel beißen. Denn die Macs arbeiten mit einem anderen Mikroprozessor als die Maschinen von Sun. Beide Chips sind miteinander nicht kompatibel. Auch ist nicht klar, ob sich McNeally mit Apple nicht verhebt. Schließlich ist das renommierte Unternehmen Apple doppelt so groß wie Sun.
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