Sanssouci
: Vorschlag

■ Wunschmusik der Traumtänzer: Telstar Ponies im Knaack

Ob die Telstar Ponies uns aus unserer „Brit-Pop-Dusseligkeit“ wachrütteln können? Hoffen tut das zumindest die Plattenfirma auf ihrem unwiderstehlichen Waschzettel zum Debüt dieser schottischen Band. Nach den ganzen britischen Himmelhochjauchzern im vergangenen Jahr erfüllen die Telstar Ponies in der Tat keine besonders aktuellen Popvorgaben: Sie drängen sich anders auf, schaukeln mit ihren Songs und ihrem Sound auf ungleich schwierigeren Wellen, wehren sich erfolgreich gegen Etikette wie dem der just another Brit-Pop-Band more.

Junge Mitmenschen, die sie sind – gerade erst 17jährig die Gitarristin – glauben sie ganz aufmüpfig nicht an eine „third-rated indie slacker mentality“, nein, vital wollen sie sein und vor allem „to be NOW“. Was zwar erst mal bedeutet, daß Grunge doof ist und Inselpop riesig, das vergangene Jahr beweist's; doch ein wenig weist dies gute Wort auch auf den Versuch der Ponies hin, trotz „Schnellebigkeit“ die Zeit als Dimension sichtbar zu machen, jaja, zumindest sie musikalisch zu begreifen – der Titel ihres Debütalbums drückt es so aus: „In the space of a few minutes“.

In der Spanne von drei Popminuten soviel wie möglich an Platz zu schaffen, das ist das Konzept, und so wird nicht Dichte durch Gitarren und Pop durch Atemlosigkeit produziert, sondern neue Räume durch Verzögerung, Verlangsamung und ein paar Schlieren. Folgerichtig ist selbst ihre lyrische Metaphorik universell und raumgreifend: Da ist es dunkel in der Luft, nicht in den Seelen, und die Songs heißen „The moon is not a puzzle“ – das in Tiefblau und atmosphärische Sounds gepackt, rührt zu den beliebten gefühligen Anwandlungen, man darf dann auch Wunschmusik der Traumtänzer dazu sagen.

Mit der ganz profanen Gegenwartsbezogenheit ist es dann allerdings so eine Sache, denn orten möchte man die Telstar Ponies und ihre Musik sofort und gern in den Achtzigern: Aus denen winken vorsichtig My Bloody Valentine herüber, etwas heftiger Spaceman 3 – der Song „not even starcrossed“ klingt wie ein kleiner Bruder vom genialen „Revolution“ der Spaceman 3 – und auch so mancher Kittel von der Domplatte würde der Entspannung halber diese Kost wohl nicht verachten. Hach, und wenn Rachel Devine dann in zwei Liedern mit ihrem brüchig-rauhen Stimmchen, mehr sprechend als singend, intensive Horchstudien einer Anne Clark offenbart, dann freuen wir uns, daß dieser Kelch ohne Schaden anzurichten an uns vorbeigezogen ist und merken: Auch früher war alles gar nicht mal so schön. Gerrit Bartels

Heute abend, ab 21 Uhr, Knaack-Club, Greifswalder Straße 221.