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Wechselnde Drohungen

■ Akten der Stasi zeichnen im Prozeß gegen Monika Haas ein kafkaeskes Bild

Frankfurt/Main (taz) – Nur eine Stunde lang wurde gestern Mittag gegen die 47jährige Monika Haas verhandelt. Sie ist angeklagt, 1977 Waffen für die Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ geliefert zu haben. Weiter wird ihr eine Beteiligung an der Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer vorgeworfen. Monika Haas humpelte in den Sitzungssaal und klagte über starke Rückenschmerzen. Aber sie teilte mit, daß sie „keinerlei Wert“ darauf lege, ihre Verhandlungsfähigkeit „in Frage zu stellen“ und so den Prozeß platzen zu lassen.

Strafverfahren, die länger als zehn Tage unterbrochen werden, müssen neu aufgerollt werden. Bundesanwalt Hohmann stellte die Erkrankung von Haas in Frage, da sie letzten Freitag eine Untersuchung verweigert habe. Verteidiger Armin Golzem schimpfte, der Bundesanwalt habe unerwähnt gelassen, daß Haas trotz starker Schmerzen „mit unter den Knien gefesselten Händen“ dorthin hätte geschafft werden sollen. Eine Anstaltsärztin, die eine weitere Untersuchung verlangt, um Haas Verhandlungsfähigkeit zu attestieren, sagte, es sei für sie sicher „eine Strapaze, zu sitzen und zu stehen“.

Im Prozeß wurden erneut Stasi- Akten verlesen. Der als RAF- Mann verurteilte Werner Hoppe lieferte als „IM Bade“ einen kafkaesk anmutenden Bericht über seine ehemalige Verlobte Monika Haas, die ihn 1984 in Hamburg besuchte. Sie habe mit ihm, notierte Hoppe, „über die Vergangenheit reden wollen“. „IM Bade“ berichtete, er habe seinerzeit das Treffen als Versuch zur Wiederaufnahme der Beziehung empfunden. Er habe ihr mißtraut und sie trotz ihrer Beteuerungen immer noch verdächtigt, für westliche Nachrichtendienste zu arbeiten, Er habe sich die Vermutung aber nicht anmerken lassen. Während des Treffens verdächtigte wiederum Haas ihn und andere, Zuträger der Stasi zu sein und Gerüchte in die Welt zu setzen, um damit ihrem Mann, dem Palästinenserführer Zaki Helou, zu schaden. Anders könne sie sich Drohbriefe, lancierte Zeitungsberichte und Besuche „seltsamer Männer“ nicht erklären. Sie habe außerdem ihre Empörung darüber geäußert, daß seither auch RAF-Mitglieder sich mit Drohungen gegen sie gewandt hätten und ihn bei einem von ihm vorgeschlagenen Spaziergang an der Elbe gefragt: „Willst du mich ertränken?“

Hoppe habe sich, schrieb er auf, seinerseits von ihr bedroht gefühlt, weil er kurz ihre schwere Handtasche gehalten habe, die zwar offen gewesen sei, in der aber doch ein Recorder oder eine Pistole hätten versteckt sein können. Er habe sich auch von einem vor seiner Wohnung abgestellten Auto aus beobachtet gefühlt. Die Verhandlung wird wahrscheinlich am 22. Februar fortgesetzt. Heide Platen

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