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Geburtstagsstreit ums Tacheles

Isolation oder Ausverkauf an den Investor: Nachdem der neue Interimsvorstand des Tacheles die Parole Konsolidierung ausgegeben hat, schießen ausgeschiedene Vorstandsmitglieder quer  ■ Von Uwe Rada

Pünktlich zum sechsten Geburtstag des Kunsthauses Tacheles fliegen die Querschläger. Während der im November vergangenen Jahres neu gewählte Interimsvorstand des Kunstvereins gestern Programm und Schwerpunkt der künftigen Arbeit sowie eine Hochglanzbroschüre zum sechsjährigen Jubiläum vorstellte, vermiesten einige Exvorständler die Geburtstagsstimmung. In einer Presseerklärung einer Initiative namens „id-Tacheles“ schreibt unter anderem der ehemalige Vorstand Jochen Sandig, die „zunehmend dominierende Isolationspolitik“ drohe die Zukunft des Kunsthauses zu verspielen.

Der Anlaß des Konflikts liegt eigentlich schon lange zurück und schien mit den letzten Vorstandswahlen ausgeräumt. Es ging – je nach Blickwinkel – um die gebotene Nähe oder die notwendige Distanz zum Kölner Immobilienmagnaten Anno August Jagdfeld, der sich um den Kauf der Immobilie bemüht. Während Sandig den Kontakt zu Jagdfeld intensivieren wollte und will, wirft der amtierende Vorstand dem Exvorstandsmitglied Sandig vor, längst auf der Honorarliste des Investors zu stehen und sich seit zwei Jahren nicht mehr um die Belange des Vereins gekümmert zu haben. Sandig wurde deshalb kurzerhand der Zutritt zur gestrigen Pressekonferenz verwehrt.

Der neue Vorstand wehrte sich außerdem gegen die erhobenen Vorwürfe und betonte, ebenfalls im Kontakt mit dem Investor zu stehen. Vorrangig sei zunächst aber die Konsolidierung der künstlerischen Arbeit sowie die Sicherung der Tacheles-Ruine und des Torbogens. Mit Hilfe privater Sponsoren wolle man im Frühjahr ein Gerüst aufbauen, um den weiteren Verfall der denkmalgeschützten Bausubstanz zu stoppen.

Ebenfalls im Frühjahr beginnt die Bespielung der Tacheles-Freifläche an der Friedrichstraße. Das Motto „Apokalypse des Optimismus“ spiegelt dabei ganz unprätentiös die derzeitige Situation im ehemaligen Prestigeobjekt der Off-Kultur. Während die neue Vorstandssprecherin Juliette Grütlein betonte, ein mögliches Staffelmietmodell mit Jagdfeld bedeute eine Kommerzialisierung der Kunst, der man ablehnend gegenüberstehe, mahnte die „Investorenfraktion“ eine neue Internationalisierung des Kunstbetriebs im Tacheles an. Ob die derzeitigen Mehrheitsverhältnisse Bestand haben, oder ob sich Sandig mit seinen Investorenkontakten durchsetzen kann, wird sich zeigen, wenn es an eine mögliche Bebauung der Freifläche geht. Während die Fläche für den jetzigen Vorstand unmißverständlich zum „unteilbaren Ganzen“ gehört, soll sie nach den Plänen Jagdfelds bebaut werden.

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