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Bewag-Verkauf im Senat beschlossen

■ Berlin behält Sperrminorität. Statt Bankgesellschaft verhandelt jetzt die Finanzsenatorin über Verkaufspreis

Das Land Berlin verkauft 25,818 Prozent der Anteile an der Bewag und behält nur eine Sperrminorität. Das hat der Senat gestern überraschend beschlossen, um das Loch in der Haushaltskasse teilweise zu stopfen. Zuvor hatte es geheißen, der Senatsbeschluß stehe noch nicht an. Gleichzeitig wurde die Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) beauftragt, Verkaufsverhandlungen aufzunehmen. Eine Frist für das Geschäft gibt es laut Fugmann- Heesing nicht. Auch lägen bisher keine offiziellen Angebote von Kaufinteressenten vor. Ein Teil des Erlöses soll in Umweltschutz investiert werden.

Anders als noch von ihrem Amtsvorgänger Pieroth (CDU) vorgesehen, bleibt damit die Verhandlungsführung in den Händen der Finanzverwaltung. Pieroth hatte Ende 1995 geplant, 25 Prozent der Anteile an die Bankgesellschaft Berlin zu verkaufen und ihr die Suche nach Käufern zu überlassen. Dies soll nun eine Arbeitsgruppe der Finanzbehörde unter „Beratung und Vermittlung“ der Bankgesellschaft erledigen. Der Vorteil für Berlin: Statt 46 Millionen Mark vom Land erhält die Bankgesellschaft nur eine Provision für die Vermittlungstätigkeit – und zwar vom Käufer. Berlin wolle „soviel Geld wie möglich“ aus dem Verkauf erlösen, meinte Fugmann-Heesing, die sich aber auf eine Summe nicht festlegen wollte. Bisher wurde von einem Wert von etwa 1,15 Milliarden für das Aktienpaket ausgegangen. Im Gegensatz zum Verkauf an die Bankgesellschaft bekomme Berlin das Geld erst nach Verkauf an einen Interessenten. Diese Zeit könne das Land sich lassen, so die Senatorin, weil es derzeit keine Liquiditätsproblemen gebe wie Ende 1995.

Als mögliche Interessenten hatten sich bereits im November letzten Jahres die Stromkonzerne Preag und Bayernwerk gemeldet, die bereits jetzt mit jeweils 10 Prozent an der Bewag beteiligt sind. Voraussetzung für den Verkauf ist laut Fugmann-Heesing, daß ein Käufer nicht nur an einem „reinen Finanzengagement“ interessiert sei, daß die Eigenerzeugung der Bewag gesichert bleibe und daß die Interessen des Landes Berlin gewahrt blieben. Ein neuer Partner solle die Position der Bewag im Wettbewerb stärken.

Die Bündnisgrünen haben den Senatsbeschluß zum Verkauf als „ersten schweren Fehler des noch jungen Senats“ kritisiert. Die Entscheidung werfe die Umweltpolitik „um Jahre zurück“, weil ein Verkauf an die großen Stromkonzerne eine ökologische Energiewende unmöglich mache. Bernhard Pötter

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