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Hessens Justizminister will nichtdeutsche Schöffen

■ Von Plottnitz verteidigt seine Initiative für multikulturell besetzte Gerichte

Wiesbaden (taz) – „Wer die Demokratie ernst nimmt, muß Ja sagen zu diesem Vorschlag.“ Im Gespräch mit der taz verteidigte gestern der hessische Minister für Justiz und für Europaangelegenheiten, Rupert von Plottnitz (Bündnisgrüne), seine heftig kritisierte Bundesratsinitiative zur Ernennung von AusländerInnen in Deutschland zu SchöffInnen und ehrenamtlichen RichterInnen.

Das Volk sei schließlich nicht nur „Objekt, sondern auch Subjekt der Rechtsprechung“, meinte er. Den Begriff „Volk“ könne man nicht länger nur auf das „teutsche Volk“ verengen. AusländerInnen, die länger als zehn Jahre hier leben und arbeiten, seien längst ein „integraler Bestandteil der Wohnbevölkerung“ geworden. Diese Tatsache müsse auch in der Justizpolitik zum Tragen kommen.

Mit der Einführung des kommunalen Wahlrechts für EU-BürgerInnen nach EU-Recht, so von Plottnitz weiter, sei der Bruch mit dem „Blutprinzip“ auch in Deutschland endlich vollzogen worden. Daraus ergebe sich ohnehin die Verpflichtung, auch andere EU-Bürgerrechte, wie etwa das Recht auf Ausübung der Schöffengerichtsbarkeit, in nationales Recht zu übertragen. Schließlich seien auch straffällig Gewordene nicht nur deutschen Blutes.

Auch der rechtspolitische Sprecher der Landtagsfraktion der SPD, Günther Becker, hat keine verfassungsmäßigen Bedenken, lange hier lebenden AusländerInnen den Zugang zur Schöffengerichtsbarkeit zu eröffnen: „Ausländische MitbürgerInnen unterliegen genauso der Strafgewalt wie Deutsche.“ Der Bürgerverstand der AusländerInnen müsse in das System der deutschen Rechtsprechung integriert werden, sagte er.

Dagegen kritisierte die Union in Hessen die Initiative scharf: „Wo tut Herrn Plottnitz eigentlich der Kopf weh?“ Der Justizminister beschäftige sich mit Gesetzesinitativen auf Bundesebene, für die es „noch nicht einmal ansatzweise Mehrheiten“ geben würde, anstatt in Hessen seine „Hausaufgaben“ zu machen, erklärte der rechtspolitische Sprecher der CDU- Landtagsfraktion, Christian Wagner in Wiesbaden. Auch die FDP in Hessen wandte sich gegen eine „multikulturelle Zusammensetzung“ der Gerichte. Bei einem von der islamischen Rechtsordung geprägten Schöffen, so der Landtagsabgeordnete Hahn, sei es doch zweifelhaft, ob der „nach dem hier geltenden Sittengesetz“ überhaupt Recht sprechen könne.

Rupert von Plottnitz will seinen Entwurf demnächst der Justizministerkonferenz vorlegen und dann als Bundesratsinitiative in das Gesetzgebungsverfahren einbringen. Er rechnet fest mit der Unterstützung der drei rot-grünen Bundesländer. Klaus-Peter Klingelschmitt

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