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■ Teilzeitarbeit sichert JobsDie Alternative: Entlassungen

Ein gelungenes Teilzeitmodell haben die LehrerInnen im Land Brandenburg vorgeführt. 1991 stand das Land vor der Alternative: Über 6.000 LehrerInnen entlassen oder den Beschäftigten gegen Gehaltsverzicht eine Beschäftigungsgarantie geben. Das sogenannte 80-Prozent-Modell wurde vereinbart – und funktionierte: Die Pauker arbeiteten und verdienten 20 Prozent weniger. Doch inzwischen steht die Lehrerschaft in der Mark vor einer erneuten Bewährungsprobe. Der dramatische Geburtenknick der DDR-Wendejahre wirkt sich ab 1997 in den Schulen aus. Sprich: Die Zahl der SchülerInnen wird sich um zwei Drittel reduzieren. Schulen werden sterben. 4.500 LehrerInnen sind rechnerisch überzählig. Daher bot Bildungsministerin Angelika Peter (SPD) ihren Paukern nun das 60-Prozent-Modell an. Das heißt: Unterrichtszeit und Einkommen werden um mehr als ein Drittel reduziert – bis die Schülerzahlen wieder steigen. 85 von 100 Brandenburger Grundschullehrern haben diese Regelung akzeptiert.

In der Stadt Brandenburg ist es dagegen nicht gelungen, die Beschäftigung durch Arbeitszeitverkürzung zu sichern. Einen bereits abgeschlossenen Tarifvertrag kündigten die Stadtväter wieder. Die Folge: Von den ursprünglich 800 ErzieherInnen haben 200 die Kündigung bereits erhalten; mit weiteren 200 werden Auflösungsverträge geschlossen. Eine bittere Nachricht für die 90.000-Einwohner-Stadt, in der eine Arbeitslosigkeit von 17 Prozent herrscht, die meisten davon sind Frauen. Dabei hatte alles so hoffnungsvoll begonnen. Brandenburg hatte mit der ÖTV eine Arbeitszeitverkürzung für die Erzieherinnen von 40 auf 32 Stunden ausgehandelt. Es sollte lediglich ein Teillohnausgleich im Wert von rund 35 Stunden erfolgen. Im Gegenzug gewährte die Stadt eine dreijährige Beschäftigungsgarantie. Das mühsam ausgehandelte Bündnis für Arbeit zerbrach Mitte 1995. Die Stadt kündigte den Tarifvertrag. „Ich kann als Öffentlicher Dienst nicht Beschäftigungsgesellschaft spielen“, sagte Personalchef Kurosch Aresteh. Die Beschäftigungsgarantie hätte ihn 11 Millionen Mark gekostet. Die ÖTV zweifelt daran, daß die Stadt Brandenburg jetzt billiger fährt. 170 rausgeschmissene Erzieherinnen sind wegen fehlerhafter Kündigung vors Arbeitsgericht gezogen. Bis zur Entscheidung arbeiten sie weiter: 40 Stunden – bei entsprechender Bezahlung. Und ihre Chancen auf Weiterbeschäftigung bzw. Abfindungen stehen nicht schlecht, meinte Ingo Kronsfoth von der ÖTV Potsdam. cif

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