: Für Homosexuelle Pflichten, aber keine Rechte
■ In der Koalition gibt es neuen Streit um die Rechte schwuler und lesbischer Paare
Bonn (taz) – In der Koalition kündigt sich ein neuer Streit um die Anerkennung nichtehelicher Lebensgemeinschaften an. Während die FDP nach eigenen Angaben an einem entsprechenden Gesamtpaket arbeitet und auch homosexuelle Beziehungen berücksichtigt wissen will, lehnt der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU- Fraktion, Norbert Geis, eine Anerkennung schwuler Paare ab.
Aktueller Anlaß der Auseinandersetzung: Im Rahmen der Sozialhilfereform will die Koalition auch in schwulen Lebensgemeinschaften das Einkommen des Partners berücksichtigen, wenn der andere für seine Unterbringungskosten Hilfe vom Sozialamt braucht. Das heißt, der finanzkräftige Partner muß wie in einer Ehe für die Notlage des anderen einstehen.
Gleichzeitig werden schwule und lesbische Paare aber im Mietrecht Ehepaaren nicht gleichgestellt. Hier lehnen Union und FDP einen Gesetzentwurf der Bündnisgrünen ab, der Homosexuellen – wie bei Ehepaaren – das Wohnrecht in der Wohnung des verstorbenen Partners zusichern soll.
FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle betonte aber gestern, daß es nicht angehe, „daß der Staat sich nur dann an die nichtehelichen Lebensgemeinschaften erinnert, wenn er Geld sparen kann, nicht aber, wenn es um deren Rechte geht.“ Die FDP wolle deshalb erreichen, daß im Miet- und Wohnrecht nichteheliche Paare Eheleuten gleichgestellt werden.
Diese Äußerung bezeichnete der rechtspolitische Sprecher derBündnisgrünen im Bundestag, Volker Beck, gegenüber der taz als „typische Schaumschlägerei von Westerwelle. In der Presse fordert er was, aber am Koalitionstisch tut er nichts dafür". Schließlich hätten die Liberalen kürzlich sogar denHilfsantrag der Grünen abgelehnt, mit dem eine rechtliche Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Miet- und Wohnrecht erreicht werden sollte.
Die Bündnisgrünen und der Schwulenverband werfen der FDP vor, entgegen früheren Versprechungen nicht mehr für die Interessen der Homosexuellen einzutreten. „Schwule und lesbische Paare werden nur zur Kenntnis genommen, wenn es um Einsparungen geht“, kritisierte Beck.
Neben einer Gleichstellung für Schwule und Lesben setzen sich die Bündnisgrünen auch für ein Antidiskriminierungsgesetz ein, mit dem Behinderten gleiche Rechte eingeräumt werden sollen. Nach der Grundgesetzänderung vom 30. Juni 1994, mit der eine Gleichstellung von Behinderten und Nichtbehinderten erreicht werden sollte, sei nichts weiter geschehen. Deswegen wollen die Bündnisgrünen nun in einer großen Anfrage von der Regierung wissen, welche Konsequenzen für die Gesetzgebung aus dieser Verfassungsänderung folgten.
Vor allem im Zivilrecht muß dafür gesorgt werden, daß Schikanen gegen Behinderte nicht mehr ohne Folgen blieben, sagte Beck und erinnerte an ein Urteil, wonach Urlauber Schadensersatz erhalten haben, weil der Anblick von Behinderten angeblich ihre Erholung eingeschränkt hatte. Karin Nink
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