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Humorlos -betr.: "Alice Cooper im Damenbinderland", taz vom 31.1.1995

Betr.: „Alice Cooper im Damenbindenland“, 31.1.95

Da gibt es endlich mal eine neue Zeitschrift (Stuck), die mit Witz, Scharfsinn und einem Gehör für Nebentöne die vielzitierten „kulturellen Phänomene“ analysiert. Da gibt es endlich mal eine Handvoll Leute, die sich in ihrem Non-profit-Fanzine den Raum nehmen, ein intensives Interview mit einer der Ikonen der letzten 20 Jahre, nämlich Alice Cooper, zu drucken, in dem der Bürgerschreck von seiner Familie erzählt. Und ein Gespräch mit dem von PC-Top-Korrektisten inkriminierten Regisseur Wenzel Storch. Einen von einer (doch irgendwie witzigen) Hygienebeutel-Sammlung ausgehenden Artikel über das (körperhistorisch und leibtheoretisch doch irgendwie zentrale) Verhältnis von Blut, Reinheit und Weiblichkeit. Einen als „Problemzone Frau“ angekündigten Frontbericht vom Kampf der Hautcremes gegen Freie Radikale und Fältchenbildung. Einen von der linken (linken!) Begeisterung für afrikanischen Fußball inspirierten Beitrag über die Fernsehberichterstattung der deutschen Bundesliga in Uganda. Und, und ...

Das alles muß einen ja nicht interessieren. (Wen's doch interessiert: Ich habe Stuck zum Spottpreis von 5,- DM in der wohlsortierten Heine-Buchhandlung entdeckt.)

Aber was soll daran jetzt bloß wieder falsch sein? Was muß bloß Benjamin von StuckÄsic!Ürad-Barre so fuchsen an Stuck, daß er mit seiner flotten Schreibe „der innovativen Journalelite“ eine „krude Mixtur“, „studentischen Humor“ und „Ironie als Konzept“ vorwerfen muß? Wo doch Stucks Ironie eine analytische ist, die genug selbstreflexive Stolperfallen für ihre LeserInnen bietet und gerade darum deren Interesse weckt, während die flache humorlose Ironie des taz-Praktikanten so lange herumlamentiert, bis jedes mögliche Interesse an einer neuen Zeischrift erlahmt?

Und warum nennt der Benjamin den Witz der Stuck-Macher (lt. taz Übersetzerin, Mediziner, Germanistin, Historikerin, Journalist, Layouter), die auf dem abgebildeten Foto - mit Verlaub - alle offenbar jenseits der 30 sind, ausgerechnet „studentisch“? Soll das etwa witzig sein? Oder gar kritisch? Wenn das die taz-Medienkritik ist - Stuck sei gelobt.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Vedder

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