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Die andere Realität

■ Else Lasker-Schülers Leben in Wedel

Selbst in einer Zeit, die künstlerisch-extreme Verwirklichung so gewohnt war wie die 20er Jahre in Deutschland, fiel sie aus dem Rahmen. Kaum jemand hat die Grenze zwischen geschaffener Kunst und gelebtem Leben so radikal aufgehoben wie sie: Else Lasker-Schüler, von Benn „Deutschlands größte Lyrikerin“ genannt und von „Theater heute“ vor einem Jahr, zum 50. Todestag, zur „Dramatikerin des Jahrhunderts“ erkoren.

„Ihre Kunstwelt war ihre Realität“, erklärt Heike Stockhaus vom Ernst Barlach Museum in Wedel, wo, im Rahmen der bis zum 14. April gezeigten Lasker-Schüler-Ausstellung, Vorträge, Lesungen und Gespräche das Bild abrunden.

Einleitend soll es in je drei einstündigen Vorträgen am kommenden Samstag und Sonntag um Aspekte ihres Lebens gehen:

„Ich traure, wenn du schweigst“, nennt Walter Fähnders, Germanistik-Professor in Osnabrück, seinen Vortrag, der am Sonnabend ab 16 Uhr dem Klischee der unpolitischen Else widerspricht. Anschließend spricht Gundel Mattenklott, Professorin an der Hochschule für bildende Künste in Berlin, über „Kindlichkeit als Stilprinzip der Lyrik von Else Lasker-Schüler“, und um 18 Uhr folgt Silvia Schlenstedt mit einem Vortrag über Lasker-Schülers „Hebräerland“ und die Reibung zwischen Utopie und Erfahrung: „Ein poetisch-religiöses Utopia“.

Am Sonntag geht es mittags weiter, wenn Birgit Schulte, Kustodin am Karl-Ernst Osthaus Museum, über die Dichterin und die bildenden Künste spricht und in ihrem Vortrag „Spiel mit der Schöpfung“ die Gedichtzyklen untersucht, die sie den Malerinnen Milly Steger und Marianne von Werefkin widmete. Anschließend untersucht Silvia Schlenstedts Vortrag „Avantgarde-Solitär“ das Phänomen, daß diese von Freunden Umgebene vielleicht nie wirklich vom Umfeld verstanden wurde. Den Abschluß bildet Gundel Mattenklott ab 14 Uhr mit „Heilige Tippelschickse und weiblicher Ahashver“, einem Vortrag über das Nomadendasein der Lasker-Schüler, die in der Schweiz 1933 wegen „Landstreicherei“ verhaftet wurde.

Thomas Plaichinger

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