: „Garantie für die Zukunft“
■ Gymnasium St. Georg soll nach einer französischen Widerstandskämpferin benannt werden Von Kaija Kutter
Ein Name, der oft für Irritation sorgt: das Gymnasium St. Georg liegt nicht etwa in dem gleichnamigen Viertel, sondern in Horn. Die Schule wurde in den 60ern von der Lohmühlenstraße in den östlichen Stadtteil verlagert und hat den alten Namen behalten.
Als Schülerinnen einer 8. Klasse sich im Rahmen der Projektarbeit vor einem Jahr mit dem Leben der französischen Widerstandskämpferin France Bloch-Sérazin befaßten, kamen sie auf eine Idee: Ihre Schule sollte nach jener Frau heißen, die 1943 von den Nazis im Hamburger Untersuchungsgefängnis ermordet wurde.
Ihre Französischlehrerin Baya Benecke-Maouche griff die Idee auf und machte schulintern dafür Reklame. Gerade anläßlich der 50. Jährung der Befreiung vom Hitler-Faschismus sei dies ein wichtiges Zeichen, sagt sie. Derzeit erinnert nur eine kleine Emaille-Tafel an der Gefängnismauer an die Tochter des Schriftstellers Jean Bloch, die in den frühen 30er Jahren Schülerin der Chemikerin Marie Curie gewesen war und Anfang der 40er Jahre ihre Kenntnisse dazu nutzte, um Kämpfer der Résistance mit Sprengstoff und Zündschnüren zu versorgen. Im Mai 1942 konnte Bloch-Sérazin der Verhaftung durch das nazifreundliche Pétain-Regime nicht entgehen. Sie wurde in Frankreich zum Tode verurteilt und als Frau begnadigt. Nach ihrer Deportation nach Deutschland wurde sie dennoch geköpft.
Der stellvertretende Schulleiter Jürgen Wunder steht dem Namen positiv gegenüber. Das Gymnasium St. Georg komme dafür in Frage, weil es seit 40 Jahren einen intensiven Frankreich-Austausch betreibe, sagte er zur taz. Beschlossen ist die Umbenennung allerdings noch nicht. Kommende Woche debattiert der Schülerrat, die Schulkonferenz entscheidet vermutlich Anfang April. Das Gremium, das paritätisch mit Schülern, Eltern, Lehrern und nichtpädagogischem Personal besetzt ist, muß mit einfacher Mehrheit dafür stimmen. Da bereits mehrere Schulen in Hamburg nach Antifaschisten benannt wurden, ist mit Widerstand von behördlicher Seite nicht zu rechnen.
Der kommt dafür von den Eltern. Der Elternrat habe bereits beschlossen, dagegen zu sein, sagt der Vorsitzende Richard Lau. Etliche seien mit dem Namen nicht glücklich, weil er so schwer auszusprechen sei. Auch ist Lau nicht begeistert davon, daß bereits Kontakt zur Schwester Claude Bloch in Frankreich aufgenommen wurde, die als Angehörige zustimmen muß. Sie tut es. Alles, was der jüngeren Generation verständlich mache, „was geschehen ist und warum viele Menschen ihr Leben gegeben haben, damit sich diese Scheußlichkeiten nicht wiederholen, ist eine Garantie für die Zukunft“, schrieb sie in einem Brief an die Schule.
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