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Fehlerhafte Obsessionen

„What I Have Written“ von John Hughes (Wettbewerb) ist eine artifizielle Übung in der Art modern inszenierter Opern, Modell „La Bohème“  ■ Von Anke Westphal

Christopher ist ein Dichter, der gerade an einem Poem über „eine traurige Sache“ arbeitet – der Hoffnung. Von seiner Frau Sorel ist zu vermuten, daß sie singt, denn sie übt tagtäglich, und Christophers Freund Jeremy muß wohl Kunsthistoriker sein, denn er wird uns vorgeführt, wie er vor Studenten ein Marienbild Leonardo da Vincis interpretiert.

Schwer nach Kunst riecht, was uns der australische Dokumentarfilmregisseur John Hughes als seinen ersten Spielfilm anbietet. Hughes hat in „What I Have Written“ ein Liebesdrama zwischen drei Leuten zergliedert, das Ganze ist einer modern inszenierten Oper nicht unähnlich – „La Bohème“ gibt das Modell ab.

Christopher erleidet einen schweren Schlaganfall. Während er bewußtlos im Krankenhaus vegetiert, spielt Jeremy der verwirrten Sorel (die er heimlich liebt) ein Manuskript zu, das ihm Christopher angeblich anvertraut hat – die Geschichte einer geheimen sexuellen Obsession zwischen dem Dichter und einer herben Schönen. Zwar weist die Novelle einen Fehler auf, den Christopher so nie gemacht hätte: Sorel fühlt sich dennoch betrogen. Kann es wirklich sein, daß sie – alle Eifersucht in Ehren – dümmer ist, als die Polizei erlaubt? Klarer Fall, Jeremy, dieses Aas, will Sorel für sich selbst.

John Hughes Geschichte über Lüge und Wahrheit, deren verschiedene Lesarten und die nicht uninteressante Frage, ob platonischer Betrug denn nun gilt oder nicht, orientiert sich kameratechnisch am Fotoroman und – denn modern soll es doch sein – am Bildaufbau einer CD-ROM. Man kann förmlich zusehen, wie sich die Bildpunkte mit Farbe füllen, wie Bildsegmente – ein Gesicht, ein Nacken – erst abgeschnitten und aus dem Bild fallend erscheinen und sich dann doch zu einem Ganzen zusammensetzen, was wohl ein Metapher für Christophers Bewußtseinsströme nach dem Schlaganfall ist und den Film außerdem ungemein verlangsamt. Fotografiert ist mal in Paris und mal im Stil Cartier-Bressons. Aus einigen Ansichten dieser Stadt der Liebe schaufelt Jeremy der Liebe von Sorel und ihrem – wie passend! – bewußtlosen Christopher ein Grab, im siebten Ehejahr.

„What I Have Written“ soll ein Film „über die konfrontierenden Fragen männlicher Sexualität“ sein. Nun, es ist vor allem ein anstrengender und dabei wenig überraschender Film. Ich sage nur zwei Dinge. Erstens: Christopher (Christus?!) was true. Und zweitens: Fesseln.

„What I Have Written“, Australien 1995, 102 Min., Regie: John Hughes

Heute um 17.30 Uhr im Zoo-Palast, Wh. morgen: 9.30 Uhr im Royal Palast, 21 Uhr in der Urania

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