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Der letzte Tango für „TV Today“

■ Jetzt zugreifen? Die G+J-Gazette für nur noch eine Mark!

Bei Gruner+Jahr ist Winterschlußverkauf. Die Hamburger haben den Preis für ihre Programmzeitschrft TV Today von 2,30 Mark auf eine Mark gesenkt. Für den Hamburger Hochglanzverlag war bisher eine solche Strategie ohne Beispiel. Angeblich ist das „preisaggressive Verhalten“ der Konkurrenten TV Spielfilm und TV Movie schuld. Nur: Beide kosten am Kiosk noch mehr, nämlich 2,50 Mark. Tatsächlich hat es TV Today mit 800.000 verkauften Exemplaren nicht geschafft, sich an die beiden Spitzenreiter (über 2,3 Millionen) heranzurobben.

Das soll jetzt über den Preis laufen. Nahziel ist laut G+J-Vorstand Rolf Wickmann die Millionengrenze; man will sie bis Jahresmitte erreicht haben. (Und dann geht der Preis natürlich wieder hoch...) Als erstes wird man die 340.000 Abonnenten der jetzt eingestellten Ost-Programmzeitschrift F.F. mit TV Today beliefern, in der Hoffnung, daß ein Teil von ihnen sich auch daran gewöhnt.

Die Frage ist, wem man denn noch Leser abspenstig machen kann. Den bisherigen Konkurrenten TV Spielfilm und TV Movie – oder doch eher den Billigprodukten von Bauer und Springer, in deren Preisklasse man jetzt rutscht? G+J-Vorstand Wickmann beteuert zwar, redaktionell solle sich nichts ändern. Doch werden sich die Eine-Mark-Käufer noch für eine Geschichte über Leo Kirch als Filmhändler interessieren, wie sie in der letzten Ausgabe steht? Und was wird die Anzeigenbranche zum neuen „Billigimage“ der Zeitschrift sagen?

Fragen über Fragen. Kein Wunder, daß sich, wie gemeldet wird, die G+J-Führung erst „nach intensiven Diskussionen“ für das risikoreiche Dumping entschieden hat. Und dies wohl auch nur deshalb, weil sie das letzte Mittel schien, ein Tango-ähnliches Schicksal abzuwenden. Bei G+J hat man ausgerechnet, daß die konventionelle wöchentliche Programmpresse allmählich verliert (seit 1991 minus 13 Prozent), die „innovativen“ 14täglichen Blätter dagegen zunehmen – und vor allem bei der jungen kaufkräftigen Leserschaft. Was die Werbung lockt.Michael Rediske

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