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Autowahn regiert den Straßenbau

Für rund fünf Milliarden Mark werden in den kommenden Jahren Straßen von Berlin ins nahe Umland gebaut: Autobahnen, Bundesstraßen und Ortsumgehungen. Straßenbau verhindert Schienenausbau  ■ Von Bernd Kastner

Rund fünf Milliarden Mark will der Bund in den nächsten 15 bis 20 Jahren in den Ausbau der Fernstraßen in und um Berlin stecken. Am Ende soll der Westen der Hauptstadt in das Brandenburger Straßennetz eingebunden sein. Die Teilung hatte alte Verbindungen gekappt, was den Straßenplanern ein Dorn im Auge ist.

Der dickste Projektbrocken ist der sechsspurige Ausbau des Autobahnrings A10 für rund 2,2 Milliarden Mark. Eine halbe Milliarde wurde im Süden Potsdams bereits verbaut, wo Prognosen von 140.000 Fahrzeugen pro Tag im Jahre 2012 ausgehen. Um den Innenstadtring im Osten bis zur B1/5 zu verlängern, ist eine weitere Milliarde fällig. Weil rund die Hälfte der Strecke unterirdisch verlaufen soll, werden die gerade mal sechs Kilometer so teuer.

Die vorausberechneten Kosten sind jedoch mit großer Vorsicht zu genießen. Stammen die Zahlen für den zugrundeliegenden Bedarfsplan bis 2012 doch von 1991 – neue Berechnungen ergeben meist neue Kosten. Drastischstes Beispiel: die Ortsumgehung von Wustermark. Vor fünf Jahren wurde sie noch mit schlappen 55 Millionen Mark veranschlagt, inzwischen geht man von 165 Millionen aus – eine Steigerung um 200 Prozent. Aber auch das Gegenteil ist möglich, darauf legt Edgar Fiedler, Referent für Straßenbau im Brandenburger Ministerium für Stadtplanung, Wohnen und Verkehr, wert. So seien bei der geplanten Umfahrung von Oranienburg, wo sich die veranschlagten 90 Millionen Mark auf 80 Millionen reduzierten, rund 10 Prozent weniger auszugeben. Letztlich hänge noch viel vom Angebot der Baufirmen ab. Der Konkurrenzdruck lasse sie oft fast zum Selbstkostenpreis arbeiten.

„Völlig kontraproduktiv“ sind diese Pläne für Michael Cramer, den verkehrspolitischen Sprecher der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus. Auf diesem Weg erreiche der Senat nie sein selbstformuliertes Ziel einer Verringerung des innerstädtischen Straßenverkehrs um zwei Drittel. Das sei nur möglich, wenn das Schienennetz ausgebaut oder zumindest das vorhandene genutzt werde. So dürften Güter beispielsweise nicht schon im neuen Umschlagszentrum Großbeeren vom Zug auf den Lkw verladen, sondern müßten zu den fünfzig innerstädtischen Güterbahnhöfen weitergeleitet werden.

Cramer: „Ich bin nicht dafür, die ehemalige Mauer zu mißbrauchen, um Verkehrsberuhigung zu betreiben.“ Doch solange die alten Schienenverbindungen nicht wiederhergestellt seien, „verbietet es sich, neue Straßen zu bauen“.

Die Vorhaben im einzelnen:

Autobahnring: Auf der A10 sollen die Autos bis 2012 sechsspurig die Hauptstadt umrunden. Ausnahme ist das westliche Teilstück zwischen B2 und Dreieck Havelland, das vorerst vierspurig bleibt.

A113: Vom Autobahn- bis zum Innenstadtring soll es in zehn Jahren eine durchgehende Verbindung mit einem Knotenpunkt von B96a und B179 am Flughafen Schönefeld geben.

Allein die knapp zehn Kilometer in Berlin, wo auch der Innenstadtring bis zur Buschkrugallee verlängert wird, werden 800 Millionen Mark verschlingen, der Brandenburger Abschnitt ist für 240 Millionen Mark zu haben.

A100: Ist die A113 einmal fertig, soll der Innenring bis zur B1/5 im Osten verlängert werden. Der Baubeginn ist noch völlig offen.

B96: Verbreiterung der Bundesstraße südlich von Berlin vom Ring bis zur Stadtgrenze auf vier Spuren, Glasow und Dahlewitz werden umfahren. Im nächsten Jahr rücken die Baumaschinen im nördlichen Abschnitt an.

B96a: Die Arbeiten für die Verbreiterung auf vier Fahrbahnen zwischen B96 und Schönefeld laufen bereits.

B101: Das vierspurige Neubauprojekt vom Ring bis nach Berlin soll das Güterverkehrszentrum Großbeeren sowie die Gewerbegebiete Ludwigsfelde und Genshagen an das Fernstraßennetz anbinden. Das erste Stück von der A10 bis Großhagen wird schon gebaut. Die im Bedarfsplan veranschlagten 120 Millionen Mark für die Strecke in Brandenburg werden nicht reichen, man geht derzeit von rund 200 aus.

A115: Für 240 Millionen erhält die Autobahn 115 vom Ring bis Berlin zwei zusätzliche Spuren. Kleinmachnow und Drewitz dürfen sich dann über eigene, neue Anschlußstellen freuen.

Potsdam: Im Süden der Landeshauptstadt will das Verkehrsministerium einen halben Ring ziehen. Dafür sollen die Bundesstraßen 273, 1 und 2 nicht, wie ursprünglich geplant, bis ganz in die Stadt hinein, sondern nur noch bis zum künftigen Potsdamer Ring ausgebaut werden. Im Bedarfsplan, der den neuen Ring noch nicht enthält, sind 120 Millionen Mark reserviert. Baubeginn: frühestens 2000.

B5: Bis 1999 vierspuriger Ausbau der einstigen Transitstrecke nach Hamnburg von der Stadtgrenze bis Wustermark (76 Millionen), das umfahren werden soll.

Umgehung Oranienburg: Die B96 wird für 80 Millionen westlich der Stadt bis zum Autobahndreieck Oranienburg verlegt. Fertig ist sie frühestens 2001.

B109: Mit der Ortsumgehung von Schönerlinde soll frühestens 2004 begonnen werden. Ein Sonderangebot: 4 Millionen.

B2: Das Ministerium will die Bundesstraße nördlich von Bernau zur A11 führen, um so auch Schwanebeck zu entlasten. Bernau aber will eine innerstädtische Linienführung. Zu diesem Vorhaben gehört auch die Umfahrung von Ahrensfelde, alles in allem sind 75 Millionen veranschlagt.

Erkner: Auf eine Umgehung wird aus Umweltschutzgründen verzichtet, dafür soll die Landesstraße 38 zur Anschlußstelle Freienbrink geführt werden.

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