Fugmann-Heesing mit mehr Mut zur Lücke

■ Neuer Fehlbetrag im Landesetat wegen Steuerausfällen: Jetzt müssen 6 Milliarden Mark ausgeglichen werden

Berlins Haushaltsloch ist tiefer als vermutet. Nach Informationen der taz wird Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) morgen die 1996 zu stopfende Etatlücke auf über 6 Milliarden Mark taxieren. Nach der letzten Steuerschätzung im November hatte der Fehlbetrag noch bei 4,4 Milliarden gelegen. Fugmann- Heesings Sprecher Frank Zimmermann bestätigte, daß „das Haushaltsdefizit höher ausfallen wird als erwartet“. Bei einem Kassensturz hätten die Finanzer alle Haushaltsrisiken wie konjunkturelle Steuerausfälle addiert und so eine „beachtliche Lücke“ entdeckt.

Die Bündnisgrünen des Abgeordnetenhauses gehen davon aus, daß im 96er Haushalt zusätzliche 2 Milliarden Mark fehlen. Ursache dafür sei der konjunkturelle Einbruch in der Bundesrepublik. Der mindere die Steuereinnahmen des Landes um rund 500 Millionen Mark, schätzte der Haushaltsexperte der Bündnisgrünen, Oliver Schruoffeneger.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bestätigte diese Zahlen. Der DIW-Experte für den Öffentlichen Sektor, Dieter Vesper, sagte, der Steuerausfall senke zudem den Beitrag, den das „Nehmerland“ Berlin aus dem Bundesfinanzausgleich bekomme, um 200 Millionen Mark.

Aber es gibt noch weitere Haushaltsrisiken, die Fugmanns Vorgänger Elmar Pieroth (CDU) stets larmoyant geringgeschätzt hatte. Dazu zählt das aus dem Jahr 1994 übriggebliebene Minus von 270 Millionen Mark. Nach der Landeshaushaltsordnung muß der Fehlbetrag dieses Jahr getilgt werden. Auch die vermeintlichen Einsparungen, die der Senat aus der Errichtung eines zentralen Landesschulamts und einer Bäder GmbH ziehen wollte, haben sich als Fehlschläge erwiesen. Alles zusammengerechnet, muß Berlin damit in diesem Jahr ein Budgetloch von über 6 Milliarden Mark ausgleichen.

Frank Zimmermann sagte, jetzt werde „noch gerechnet“. Entlocken ließ er sich, daß es um eine „erhebliche Summe“ gehe, die eine „deutliche Korrektur“ der bisherigen Annahmen bedeute. Die Politik der Finanzsenatorin sei es, Realismus und nicht Optimismus zur Grundlage der Haushaltspolitik zu machen.

Der Senat trifft sich Anfang März zu seiner Sparklausur, um sich auf einen Nachtragshaushalt zu einigen. Schon jetzt gilt als sicher, daß angesichts der neuesten Zahlen auch Projekte, die noch in der letzten Legislaturperiode unangetastet blieben, dem Rotstift zum Opfer fallen werden. Die Wasserstadt Oberhavel könnte eines der Projekte sein, die gänzlich gestrichen werden. Alle Bauinvestitionen, die noch nicht begonnen wurden, sollen wieder auf den Prüfstand. „Ein regionaler Haushalt kann solche Ausfälle kaum tragen“, meinte Dieter Vesper vom DIW. Über kurz oder lang werde Berlin, wie Bremen und Saarland, an den Bundestropf der „Ergänzungszuweisungen“ gehängt. cif/sev