Der Risiko-Reeder

■ Schiffseigner John Fredriksen setzt lieber aufs Geschäft statt auf Sicherheit

Das „Sea Empress“-Unglück sei „zutiefst tragisch“ – seit der Havarie habe er nicht mehr geschlafen, ließ der extrem medienscheue Schiffseigner John Fredriksen jetzt verlauten. Doch was er als unabänderliche Naturkatastrophe verstanden haben will, ist nur Konsequenz seiner Geschäftsphilosophie, die aufs Risiko setzt.

In Osloer Wirtschaftskreisen gilt John Fredriksen als Mann, der keine Chance ausläßt – wenn sie Geld bringt. Im irakisch-iranischen Krieg war er einer der letzten westlichen Reeder, die Schiffe und Mannschaften dem Bombenhagel aussetzten – und damit ein Vermögen machten. Das schätzen Insider auf eine runde Milliarde Mark. In „feinen“ norwegischen Reederkreisen rümpft man über seine Geschäftsmethoden die Nase.

Fredriksens Karriere wäre vor zehn Jahren beinahe abrupt beendet worden, als die Staatsanwaltschaft ihm umfangreiche Schwindelgeschäfte mit Öl vorwarf. Vier Monate saß er in Untersuchungshaft und soll über zwölf Millionen Mark für Anwaltshonorare verbraucht haben, um aus der Sache wieder herauszukommmen. Und gar nicht gern hat der „Erfolgsreeder“, wenn man sich zu genau mit seinen Geschäftsmethoden befaßt: Um die Veröffentlichung seiner Biographie durch die Wirtschaftszeitung Dagens Naeringsliv zu verhindern, soll er mehr als fünf Millionen Mark geboten haben. Sie kam trotzdem 1991 auf den Markt.

Auf Risiko setzte Fredriksen auch, als er 1993 noch schnell die „Sea Empress“ auf einer spanischen Werft bauen ließ, bevor Tankschiffe mit Doppelrumpf obligatorisch wurden. Damit sparte er rund 13 Millionen Mark Baukosten. Reinhard Wolff