Tanker reisen mit begrenzter Haftung

■ Bei Unfällen kommen die Schiffseigner billig davon

Berlin (taz) – Die Folgen von Ölkatastrophen an den Küsten der Welt haben Versicherungsgesellschaften sicher im Griff, zumindest finanziell. Das Risiko für die Schiffseigner und Reeder, an dem Unfall bankrott zu gehen, bleibt gering: Ihre Haftung für Umweltzerstörungen und Verluste der Tourismus- und Fischwirtschaft ist begrenzt. Internationale Abkommen verpflichten Tankerbesitzer zur Zeit pro Ölkatastrophe höchstens 20 Millionen US-Dollar (rund 30 Millionen Mark) selbst zu zahlen. Ab Juni 1996 steigt die Grenze auf 90 Millionen Dollar. Um dieses Risiko abzudecken, schließen sich die Eigner in Versicherungsklubs zusammen.

Bis zur Gesamtsumme von rund 90 Millionen US-Dollar (ab Juni: 200 Millionen) stockt ein internationaler Ausgleichsfonds den Schadenersatz auf. 67 Staaten, darunter auch die Bundesrepublik, traten der Organisation bislang bei. Ihre Beiträge zum Fonds kassieren sie von den Konzernen, die in die betreffenden Länder Öl per Tanker importieren.

Von einem halben Dutzend Schiffsunfällen abgesehen, reichten die 90 Millionen bis heute immer aus, um die entstandenen Schäden zu begleichen. Der Grund: Versicherungstechnisch erfaßbar sind nur klar definierte Kosten. Die Rechnung für die Reinigung eines Strandes läßt sich leicht ermitteln. Auch die Verluste örtlicher Fischer, die wochenlang ölige Fischkadaver fangen, sind berechenbar. Aber Tausende toter Seevögel? Welchem Staat gehören sie, wer beziffert ihren Wert und klagt Schadensersatz ein? Diese Art von Umweltschäden brauchen die Schiffseigner in der Regel nicht zu bezahlen.

Die Annalen der Ölschiffahrt verzeichnen nur einen wirklich teuren Unfall. Im März 1989 lief der US-Tanker „Exxon Valdez“ vor Alaska auf ein Riff. Weil die USA nicht Mitglied im Ausgleichsfonds und die Haftungszahlungen deshalb nicht begrenzt sind, mußte Exxon rund fünf Milliarden Dollar Schadenersatz überweisen.

Um höhere Sicherheitsstandards wie etwa doppelte Bordwände auf den Supertankern durchzusetzen, fordern Umweltschützer in Europa, die Selbstbeteiligung der Schiffseigner bei einem Unfall auf weit über 90 Millionen Dollar zu steigern. Hannes Koch